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das Leben am Hofe unerträglich wurde und er sich zur Flucht entschloß
(Kalte, Keity). Der Plan mißlang, und der Vater hielt ein strenges Gericht
über den Kronprinzen. Man fürchtete für das Leben des Prinzen. Schließlich
wurde er begnadigt und nach der Festung Küstrin gebracht, wo er bei der
Kriegs- und Domänenkammer (Verwaltung der Krongüter) arbeiten mußte und
dadurch die verschiedenen Verwaltungsgeschäfte kennen lernte. Der Kronprinz
fügte sich in sein Schicksal, und nach längerer Zeit kam eine Aussöhnung
zwischen Vater und Sohn zustande. — Mit Eifer widmete sich Friedrich von
nun ait der Erfüllung seiner Pflichten. Nach dem Wunsche seines Vaters ver¬
mählte er sich auch mit Elisabeth Christine von Brannschweig. In Rheinsberg
erfreute er sich im Kreise geistreicher Männer der glücklichsten Zeit seines
Lebens. Allmählich hatte er sich die volle Zufriedenheit des Königs erworben,
so daß dieser ans dem Sterbebette ausrief: „Mein Gott, ich sterbe zufrieden,
da ich einen so würdigen Sohn als Nachfolger habe."
2. Friedrichs Regierungsantritt. Die drei Schlesischen Kriege.
Friedrich bestieg im Jahre 1740 den preußischen Königsthron. Kurze Zeit
darauf starb der deutsche Kaiser Karl VI., dessen älteste Tochter Maria
Theresia die Regierung übernahm. Ihr gegenüber traten verschiedene Fürsten
mit Erbansprüchen hervor. Auch Friedrich hielt es an der Zeit, nunmehr die
Ansprüche des Hohenzollernhanses ans die Herzogtümer Liegnitz, Bricg und
Wohlan, die seinerzeit dem Großen Kurfürsten vorenthalten worden waren,
geltend zu machen (Joachim II. S. 54). Da Maria Theresia die Ansprüche
zurückwies, rückte Friedrich 1740 in Schlesien ein, womit der erste Schlesische
Krieg begann (1740—1742). Nach den entscheidenden Siegen Friedrichs bei
Mollwitz unweit Brieg (Schwerin) und bei Czaslau in Böhmen sah sich die
Kaiserin genötigt, mit Preußen den Frieden zu Breslau zu schließen, zumal
sie auch von ihren übrigen Feinden, besonders dem Kurfürsten Karl Albert
von Bayern (als Kaiser Karl VII.) hart bedrängt wurde. Durch diesen
Friedenschlnß erhielt Friedrich Schlesien und die Grafschaft Glatz.
Der zweite Schlesische Krieg. (1744—1745). Nicht lange währte der
Friede. Ter Erfolg der Kaiserin gegenüber den übrigen Feinden machte
Friedrich um den Besitz Schlesiens besorgt. Deshalb verband er sich mit
Kaiser Karl VII. und Frankreich gegen Maria Theresia und rückte 1744
mit 80 000 Mann in Böhmen ein. Friedrich erfocht unter Beweisen persön¬
licher Tapferkeit bei Hohensriedberg iit Schlesien einen glänzenden Sieg
über die Österreicher, dem noch ein anderer bei Soor in Böhmen folgte. Als
auch der „alte Dessäuer" bei Kesselsdors über die mit Österreich verbündeten
Sachsen gesiegt hatte, schlossen Österreich und Preußen den Frieden zu
Dresden. Friedrich erhielt den Besitz Schlesiens aufs neue bestätigt.
Der Siebenjährige Krieg (1756—1763). a) Anlaß zum Kriege.
Friedrich durste sich des ungestörten Besitzes seiner Eroberung noch nicht
erfreuen. Maria Theresia ging im geheimen ein Bündnis mit Rußland,
Sachsen, Frankreich und Schweden gegen Preußen ein. Friedrich aber erhielt
von diesem Bündnis Kunde und kam seinen Feinden zuvor.
b) 1756 siel er mit einem großen Heere in Sachsen ein. Er schloß das