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dieselbe auf den Handwerkerstand über und wurde nun Meistergesang
genannt. Es vereinigten sich nämlich die Handwerker in den Städten zu
zunftmäßig eingerichteten Singschnlen nnd trugen in den Feierstunden oder an
den Sonntagnachinittagen auf dem Nathause oder in der Kirche ihre eingeübten
Gedichte vor, die nach vorgeschriebenen Regeln abgefaßt waren. Der berühmteste
aller Meistersänger war Hans Sachs, ein Schuhmacher zu Nürnberg.
16. Wudotf von Kaösöurg. 1273—1291.
Rudolf als Graf. Graf Rudolf von Habsburg war zwar nicht sehr
mächtig, aber er zeigte sich als ein frommer, tapferer Held. Einst ritt er auf
die Jagd und begegnete unterwegs einem Priester. Dieser befand sich auf
dem Wege, einem Sterbenden das heilige Abendmahl zu bringen. Er mußte
aber über einen Bach, dessen Steg von dem reißenden Wasser hinweggeschwemmt
war. Schon zog er seine Schuhe ans, um den Bach zu durchwaten, als
Rudolf vom Pferde stieg und den Priester bat, das Roß zur Weiterreise zu
benutzen, damit er seine heilige Pflicht nicht versäume. Als am andern Morgen
der Priester das Pferd dankend zurückbrachte, schenkte der Graf es ihm, damit
er sich dessen zu ähnlichen Zwecken öfter bedienen könne.
Rudolf als Kaiser. In Deutschland war nach und nach eine solche
Unordnung eingerissen, daß es schien, als wolle das Reich sich ganz auflösen.
Kein Gesetz wurde mehr geachtet. Das Faustrecht und die Macht der Raub¬
ritter herrschten; denn es war kein oberster Regent im Lande. Da beschlossen
die deutschen Fürsten, wieder einen Kaiser zu wählen, und ihre Wahl fiel auf
Rudolf von Habsburg. Seine Krönung wurde in Aachen vollzogen. Doch
Ottokar, der mächtige Böhmenfürst, weigerte sich, ihm Gehorsam zu leisten.
Da zog der Kaiser mit einem Kriegsheere gegen den Widerspenstigen und
besiegte ihn auf dem Marchfelde bei Wien. Darauf verlieh Rudolf die Länder
Österreich, Steiermark und Kram seinen eigenen Söhnen; Böhmen und Mähren
verblieben dem Sohne Ottokars. So legte er den Grund zum Habs bürg isch-
österreichisehen Herrscherhause. Jetzt aber war Kaiser Rudolf vor allem
darauf bedacht, in seinem Reiche Ordnung und Sicherheit herzustellen. Viele
Raubritter büßten am Galgen ihr Leben ein. „Ich halte keinen für adlig,"
sagte Rudolf, „der vom Raube lebt." — Als der Kaiser in hohem Alter seinen
baldigen Tod ahnte, eilte er nach Speier in der Pfalz, um dort zu sterben.
Der Tod ereilte ihn aber schon in Germersheim, und seine Leiche wurde im
Dome zu Speier beigesetzt.
16. Erfindungen und Entdeckungen.
Das Schießpulver. 1380. Die frühere Art und Weise, Krieg zu
führen, war von der heutigen sehr verschieden. Die Feuerwaffen verfertigte
man erst, nachdem bei uns die Erfindung des Schießpulvers gemacht war.
Die Chinesen sollen das Schießpulver schon lange vorher gekannt haben. Bei
uns wird von vielen der Franziskauermönch Bertold Schwarz aus Freiburg
in Baden für den Erfinder des Schießpulvers gehalten. Dieser beschäftigte
sich nämlich (wie man erzählt) in seinen Freistunden gern damit, allerlei
Stoffe durcheinander zu mischen, um womöglich etwas Neues zu entdecken.
So stampfte er einst Kohlen, Salpeter nnd Schwefel miteinander in einem
Mörser und legte einen Stein darüber. Abends, als er Licht anmachen wollte,
fiel unversehens ein Funken in den Mörser. Bald blitzte nnd knallte cs um
ihn her, und der Stein ward vom Mörser gegen die Decke geschleudert. Froh
über diese Entdeckung, machte der Mönch dieselbe bekannt, und man kam darauf,
das Pulver im Kriege zu benutzen. Man fertigte mörserähuliche Röhren, lud
sie mit Pulver, schob Steine davor und bohrte in den Boden des Mörsers