I 
30 
stehe. Dadurch wurde ein ernster, religiöser Sinn geweckt, der sich besonders in 
Bußübungen und strenger Zucht äußerte. Auch die Geistlichkeit, besonders in 
den Klöstern, wurde von diesem Streben ergriffen. Man hielt darauf, daß die 
Geistlichen sich eines ehrbaren Lebens befleißigten und sich ganz und gar dem 
Dienst der Kirche weihten. Immer strenger wurde darum auch die Forderung, 
daß die Priester ehelos bleiben sollten, damit sie, frei von allen Familienbauden, 
der Kirche unbedingt gehorsam wären. Auch sollten die geistlichen Stellen nicht 
mehr von weltlichen Fürsten besetzt und noch weniger um Geld an den Meist¬ 
bietenden vergeben werden, da so oft ganz Unwürdige die Bischofsstühle ein¬ 
nahmen. Geistliche Stellen sollten nur von Geistlichen vergeben werden. 
3. Gregor VII. Zu jener Zeit (1073) bestieg Hildebrand, der Sohn 
eines Zimmermauus, als Gregor VII. den päpstlichen Stuhl. Durch ihn wurde 
die päpstliche Macht auf deu höchsten Gipfel erhoben. „Der Papst," sagte er, 
„ist der Stellvertreter Gottes auf Erden. Er allein kann sich der kaiserlichen 
Abzeichen bedienen; seine Füße haben alle Fürsten zu küssen. Sein Name allein 
darf in dem Kirchengebet genannt werden, und kein Name in der Welt ist dem 
seinigen an die Seite zu stellen. Ihm ist erlaubt, Kaiser abzusetzen und Unter¬ 
tanen von der Pflicht gegen abtrünnige Fürsten zu entbinden. Alle Königreiche 
sind Eigentum oder doch Lehen der römischen Kirche." 
Bis dahin hatte der Papst als weltlicher Fürst dem Kaiser den Lehnseid 
geleistet. Gregor forderte dagegen umgekehrt, daß ihm der Kaiser Treue schwören 
solle, und behauptete, daß Otto I. bereits dem Papste einen solchen Eid geleistet 
habe. Um nun die Kirche ganz vom Staate abzulösen, gebot er: 1) kein geist¬ 
liches Amt sollte mehr um Geld verkauft werden (Simonie, Apost.- 
Gesch. 8); 2) der Papst allein und kein Fürst hätte das Recht, Bischöfe 
zu ernennen und ihnen die Zeichen ihrer Würde, Ring und Stab, 
zu geben (Investitur); 3) kein Geistlicher sollte verheiratet sein (Zölibat). 
Zu solchem kühnen Vorgehen ermutigte ihn besonders noch der Umstand, 
daß er es mit einem sehr jungen und — wie er glaubte — sehr schwachen 
König zu tun hatte: Heinrich IV. 
2. I)emrick IV. 1056—1106. 
1. i)einricb III. Heinrich IV. stammte aus dem fränkischen Kaiserhause, das 
mit Konrad II. (1024—1039) den Thron bestieg. Auf Konrad folgte sein Sohn 
Heinrich III. (1039—1056), der mit allen Kräften dahin strebte, sich vom Papste 
unabhängig zu machen. Er setzte Päpste ein und ab. Nach seinem frühzeitigen Tode 
aber stieg die Macht des Papstes um so höher. Sein Sohn war Heinrich IV. 
1056 2. Jugenä. Heinrich war erst sechs Jahr alt, als sein Vater starb. Seine 
Mutter übernahm deshalb die Regierung für ihn. Sie stützte sich nicht auf die 
Herzöge und Bischöfe, sondern gestattete anderen Ratgebern Einfluß auf die 
Regierung. Das erregte die Eifersucht der Großen des Reiches. Der mächtigste 
unter ihnen, der herrschsüchtige Erzbischof Anno von Cöln, bemächtigte sich durch 
einen Gewaltstreich des jungen Königs und damit der Herrschaft. 
Die Kaiserin weilte nämlich einst mit ihrem Sohne auf einer Rheininsel bei 
Kaiserswerth. Dahin begab sich auch Anno mit den beiden sächsischen Grafen Ekbert 
von Braunschweig und Otto von Nordheim. Während die Kaiserin bei Tische saß und
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.