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Sein großer Magen vermag nämlich auch solche Raupen zu verdauen, die ihrer Haare
wegen von andern Vögeln verschmäht werden. Mit Vorliebe verspeist der Kuckuck die so
sehr schädliche Raupe des Prozessionsspinners (S. 20), von der man im Magen eines ge»
schossenen Kuckucks 97 vorfand. Da, wo die Raupen massenweise auftreten, finden sich
öfter mehrere Kuckucke zu ihrer Vertilgung ein. So hielten sich einst in einem 30 Mor¬
gen großen Kieferngehölz an 100 Kuckucke auf, die in 15 Tagen an 3 Mill. Nonnen¬
raupen verzehrten und so das Gehölz vor dem Untergange schützten. — Sehr häufig
bohren sich die Raupenhaare mit ihren Häkchen in die Mageichaut des Kuckucks ein.
Daher ist denn auch die Sage entstanden, daß der Kuckucksmagen inwendig wie ein
Pelz aussehe oder mit Haaren bewachsen sei. Die Haare aber werden (ähnlich wie bei
den Raubvögeln) als Gewölle wiederheraufgewürgt und ausgespieen. (S. Schleiereule.)
Ist die Raupenzeit vorüber, so beginnt die Jagd auf Schmetterlinge, Eintagsfliegen rc.
Zum Fange derselben ist der bis tief unter die Augen hin gespaltene Schnabel des
Kuckucks ganz vorzüglich geeignet. Im September, wenn das Futter knapper wird,
oft schon im August, verläßt uns der Kuckuck und zieht an die Ufer des Nils.
3. Wohin der- Aucllucll seine Gier legt. Der Kuckuck baut kein eigenes Nest,
sondern legt seine Eier in das Nest der Lerche, der Bachstelze u. a. kleiner Singvögel.
Zu diesem Zwecke setzt er sich in die Nähe eines fremden Nestes und wartet, bis der
Eigentümer dasselbe verlassen hat. Dann fliegt er schnell herbei und legt sein Ei zu
den bereits vorhandenen. Das wiederholt er wohl 6mal im Sommer, aber immer bei
verschiedenen Nestern. Der Grund, weshalb das Kuckucksweibchen seine Eier in fremde
Nester legt, ist noch nicht völlig aufgeklärt. Wahrscheinlich geschieht es, weil das
Knckuckswcibchen seine Eier nicht selbst ausbrüten kann, da es etwa nur alle 8 Tage
ein Ei legt. Das Knckucksei ist verhältnismäßig klein und nicht viel größer als das
eines Sperlings. Auch die Farbe des Eies ist bald mehr bläulich, bald mehr rötlich, so
daß das Kuckucksei nicht selten eine gewisse Ähnlichkeit mit den fremden Eiern im
Neste hat.
4. zungeKncllucll ist ein Nimmersatt. Er reißt den Schnabel am weitesten
auf, wenn es Futter giebt,
und nimmt es den armen
hungrigen Stiefgeschwistern
weg. Ja, er ist so unver¬
schämt, daß er sie zuweilen
sogar aus dem Neste stößt.
Es ist wahrhaft rührend, mit
welcher Sorgfalt die Stief¬
mutter den Stiefsohn pflegt.
Freilich reichen zuweilen ihre
Kräfte dazu nicht aus, und
sie muß es nianchmal sogar
erleben, daß das eine oder
das andere von ihren eigenen
Kindern um des Fremdlings
willen verhungert. Ja, man
Der junge ¿hduiß. hat gesehen, daß ein Bach¬
stelzenpaar seine eignen Jungen aus dem Neste zerrte und umkommen ließ, um nur den
Kuckuck ordentlich pflegen zu können. Die Sorgfalt der Pfiegeeltern dauert auch dann
noch fort, wenn der junge Kuckuck bereits ausgeflogen ist. Noch zu unbeholfen, sich seine
Nahrung selbst einfangen zu können, setzt er sich dann auf einen Baumzweig und wartet
hier auf seine Pflegeeltern. Diese aber hören nicht eher auf, ihn zu füttern, als bis er
sich vollkommen allein ernähren kann.