Full text: Realienbuch für Berlin und Vororte

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2. Der Verlauf. Karl der Große faßte zuerst den Plan, die Slawen 
an der Elbe und Saale zu unterwerfen. (S. 18.) Heinrich I. und Otto 
der Große versuchten das Werk von neuem. (S. 22 u. 24.) Diese Erfolge 
gingen unter Ottos Nachfolgern wieder verloren (S. 25), und Boleslaw I. 
gründete um das Jahr 1000 ein großes polnisches Reich, das sich von den Kar¬ 
pathen bis zur Ostsee erstreckte. (S. 25.) Die fränkischen und staufischen 
Kaiser waren zu sehr in Italien beschäftigt und führten deshalb das begonnene 
Werk nicht fort. So blieb es den sächsischen Fürsten überlassen, die Er¬ 
oberung der Slawenländer fortzusetzen. Kaiser Lothar, der Sachsenherzog, 
belehnte Albrecht den Bären 1134 mit der Nordmark, und dieser schob die deutsche 
Grenze von der Elbe bis zur Havel vor; seine Nachfolger dehnten sie bis zur 
Oder aus. (S. 60 u. 61.) — Konrad von Wcttin, der 1123 die Mark Meißen 
erhielt, breitete das Deutschtum im Sorbenlande aus. Hier entwickelte sich nach 
Anlegung von Bergwerken im Erzgebirge besonders die Industrie, und zahlreiche 
Städte entstanden (Leipzig, Dresden, Plauen, Chemnitz, Freiberg u. a.). — Der 
bedeutendste Vorkämpfer des Deutschtums an der Ostseeküste war Heinrich der 
Löwe. Er unterwarf die Slawen in Mecklenburg und im westlichen Pommern. 
(S. 30.) Im südöstlichen Holstein (Wagrien) wirkte neben ihm Graf Adolf (II.) 
von Holstein; er ist der Begründer Lübecks (1143), der ersten deutschen Stadt 
an der Ostsee. Schnell faßte deutsches Wesen an der westlichen Ostseeküste Fuß. 
Als der Dänenkönig Waldemar, der die Hoheit über Holstein, Mecklenburg und 
Pommern von Kaiser Friedrich II. erhalten hatte, diese Länder völlig in seinen 
Besitz bringen wollte, entflammte der Freiheitsgeist der norddeutschen Fürsten, 
1227 Bürger und Bauern, und sie schlugen Waldemar 1227 bei Bornhöved in 
Holstein. — Das größte Werk deutscher Besiedelung vollzog sich in Preußen 
unter der Tätigkeit des Deutschen Ritterordens. (S. 68—70). Mit ihm ver¬ 
schmolzen die Reste des Schwertbrüderordens, der Livland und Estland 
kolonisierte. — Auch in Schlesien, das unter Kaiser Friedrich I. ein selbständiges 
Herzogtum wurde, wanderten deutsche Kolonisten ein, herbeigerufen von den 
Cisterciensermönchen des Klosters Leubus. Viele Städte (Breslau, Liegnitz, 
Glogau, Goldberg u. a.) und zahlreiche Dörfer blühten empor. In Böhmen 
entstanden die deutschen Städte Pilsen, Budweis, Leitmeritz, Aussig. Selbst bis 
nach Mähren, Ungarn und Siebenbürgen drang der Strom der deutschen 
Auswanderer vor. So weit heute in Europa die deutsche Sprache klingt, so 
weit ist sie damals verbreitet worden. 
VI. Oie Zeit der Auflösung des Reiches und des Sinkens 
der Papkmachf. 
\. Rudolf von Habsburg. \273—\2^\. 
1. traurige Zustände im Reich. Von 1254 bis 1273 führten nur 
Ausländer den Kaisertitel. Die Fürsten wählten diese, um im Reiche keinen 
Oberherrn zu haben. Der Starke fiel jetzt über den Schwachen her, und niemand 
war da, den Übeltäter zu strafen, den Schwachen zu beschützen; ein jeder war
	        
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