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(bulla — Kapsel, die das Reichssiegel umschloß.) Darin wurde bestimmt, daß
sieben Kurfürsten den König wählen sollten: drei geistliche (die Erzbischöfe von
Mainz, von Trier und von Cöln) und vier weltliche (der König von
Böhmen, der Pfalzgraf bei Rhein, der Herzog von Sachsen und der Mark¬
graf von Brandenburg). Wahlort sollte wie bisher Frankfurt a. M.,
Krönungsstadt Aachen sein. Des Papstes und seines Bestätigungsrechtes wurde
mit keinem Worte gedacht. Alljährlich sollten sich die Kurfürsten zum Rate des
Königs versammeln. Ferner erhielten sie wichtige Vorrechte, durch die sie in
ihren Gebieten fast unumschränkte Landesherren wurden. Ihre Länder sollten
unteilbar sein und sich nach dem Rechte der Erstgeburt vererben; sie erhielten
für ihr Land die höchste Gerichtsbarkeit, das Münzrecht, das Bergwerksrecht und
das Zollrecht, alles Rechte, die früher kaiserliche gewesen waren.
Der Kaiser war nun ganz in die Hände der Kurfürsten gegeben, und die
übrigen Fürsten trachteten von jetzt ab, die Vorrechte der Kurfürsten zu erlangen.
3. Oer Niedergang der päpstlichen Macht.
1. ver Nurverein zu Rente. Im Jahre 1309 verlegte der damalige Papst, ein
geborener Franzose, seine Residenz nach der Stadt Avignon in Südfrankreich. Hier
blieben die Päpste fast 50 Jahre lang unter dem Einflüsse der französischen Könige. Als
der Papst den deutschen Kaiser Ludwig den Bayer (S. 62) in den Bann tat und seine
1338 Absetzung aussprach, traten die deutschen Fürsten 1338 zu dem Kurverein zu Rense
(Dorf bei Koblenz) zusammen und erklärten, daß der von der Mehrzahl der Kur¬
fürsten gewählte König einer Bestätigung des Papstes nicht bedürfe, um die
königlichen Rechte auszuüben. Bald darauf wurde dieser Beschluß dahin erweitert,
daß der gewählte König auch ohne Krönung durch den Papst das Recht habe, den
Kaisertitel zu führen.
2. vre Rirckenlpallung. Papst Gregor XI. kehrte 1377 aus der „babylonischen
Gefangenschaft derKirche" nach Rom zurück. Nach seinem Tode wurden zwei Päpste
gewählt. Damit beginnt die Kirchenspaltung, welche die traurigsten Zustände herbei¬
führte. Ein Kirchenhaupt verfluchte das andere, und das Volk wußte nun nicht, wer der
wahre Statthalter Christi sei. Schließlich gab es gar drei Päpste. Andere Mißstände
des päpstlichen Regimentes bestanden darin, daß es jetzt selbst geistliche Stellen für Geld
verkaufte und den Ablaß immer mehr als Geldquelle benutzte. Kaiser Sigismund
1414 (1410—1437) veranlaßte deshalb das Konzil zu Konstanz (1414—1418), das a) die Kirchen-
bis spaltung beseitigen, b) eine Reformation der Kirche an „Haupt und Gliedern"
1418 herbeiführen und c) über die Lehre des Johann Hus (S. 48) entscheiden sollte.
Die drei Päpste wurden abgesetzt und ein neuer gewählt. Das Konzil ging dabei von
dem Grundsätze aus, daß die Konzilien über den Päpsten ständen. (Dieser Grund'
satz blieb bis 1870 in Geltung.) Die Reform aber kam nicht zustande.
4. Maximilian I. (493—(5(9*
1. Sein Vorgänger, friedricb III. (1440—1493), war der letzte in
Rom gekrönte Kaiser. Er trieb Sterndeuterei und Goldmacherei und sah gleich-
1453 gültig zu, wie die Türken 1453 Konstantinopel eroberten und sich in Europa
festsetzten, wie wichtige Reichsgebiete verloren gingen. In Böhmen
und Ungarn wurden einheimische Fürsten auf den Thron gehoben; nach dem
Aussterben der Grafen von Holstein, die auch Herzöge in Schleswig waren,
ernannten die dortigen Stände 1460 den König von Dänemark, Norwegen