dem Rufe in großer Zahl; viele ließen sich in Berlin selbst nieder.
Sie führten den Seidenbau ein, und-Goldschmiede- und Uhrmacherkunst,
Schneiderei- und Bäckerei-, Hut- und Handschuhmachergewerbe erhiel¬
ten durch sie einen mächtigen Aufschwung.
b) Sorge für Handel und Verkehr. Da Stettin
schwedisch war, suchte der Kurfürst den Oderhandel von Breslau über
Berlin nach Hamburg zu lenken. Zu diesen: Zwecke verband er Oder
und Spree durch den Friedrich-Wilhelms- oder Müllroser Kanal. Uni
den Handel bis auf die See auszudehnen, gründete er eine Handels¬
und Kriegsflotte. An der Spitze der Flotte stand anfangs der Hol¬
länder Benjamin Raule. 1683 errichtete er auf der Goldküste von
Guinea die Niederlassung Groß-Friedrichsburg. Freilich kam diese
erste brandenburgische Kolonie infolge der Eifersucht und Feindschaft
der Holländer zu keiner Blüte. Friedrich Wilhelm I. verkaufte sie an
die Holländer. — Der Große Kurfürst sorgte auch für einen regel¬
mäßigen Postverkehr. Durch ganz Norddeutschland, von der Memel
bis zum Rhein, zogen sich die Poststraßen.
e) Sorge für K u n st und Wissenschaft. Die Kunst
förderte der Kurfürst dadurch, daß er holländische Bildhauer, Bau¬
meister und Maler berief und beschäftigte. Berlin wurde erst durch
ihn eine ansehnliche Stadt; bei seinem Tode zählte sie schon über
20 000 Einwohner. Er erneuerte das Schloß und legte die Straße
„Unter den Linden" an. Diese führte damals in einen großen Wald¬
park, den heutigen Tiergarten. Das Joachimsthalsche Gymnasium ver¬
legte er nach Berlin und richtete hier eine große Bibliothek ein (Kö¬
nigliche Bibliothek). Der religiöse Friede ging ihn: über alles, und
desbalb griff er zu den schärfsten Maßregeln, als die reformierten und
lutherischen Geistlichen auf den Kanzeln sich gegenseitig anfeindeten
und verketzerten. Die Geistlichen mußten sich schriftlich verpflichten,
nicht mehr gegen die Andersgläubigen zu predigen. An der Nikolai¬
kirche in Berlin war damals der fromme Liederdichter Paul Ger¬
hardt als Prediger angestellt. Dieser weigerte sich den Revers zu unter¬
schreiben, weil er dann nicht mehr so predigen könne, wie es ihm
sein Gewissen vorschrieb. Luise Henriette hatte den Prediger gern
und bat ihren Gemahl, Paul Gerhardt die Unterschrift zu erlassen.
Der Kurfürst tat es, ließ aber dem Prediger sagen, er erwarte, dast
er sich auch ohue Unterschrift den Anordnungen fügen werde. Paul
Gerhardt versprach das nicht und wurde nun abgesetzt. Er verließ
das Lund und fand eine Zuflucht in Lübben.
Des Großen Kurfürsten Familienleben, Testament und
Tod. In erster Ehe war der Kurfürst mit Luise Henriette von Ora¬
nten vermählt, die das Waisenhaus in Oranienburg gegründet hat.
Aus der sehr glücklichen Ehe überlebte ihn nur ein Sohn, der Kron¬
prinz Friedrich. Nach dem Tode der ersten Gemahlin vermählte er sich
mit Dorothea von Holstein. Auch sie hatte Kinder und veranlaßte