Nus der Gewerbeordnung für das Deutsche Reich.
369
im französischen Savoyen, dem Stammlande des italienischen Königs¬
hauses, in Nizza und Korsika zu finden sind. Die will aber niemand
erlösen, und die Italiener, die die hetzerische Irredenta im Auge hat,
wollen garnicht erlöst sein, fühlen sich ganz wohl unter dem Schutze
des Doppeladlers.“
„Also hätte Italien überhaupt keinen Kriegsgrand gehabt“, meinte
die Mutter.
„Einen zwingenden nicht“, antwortete Hansen. „Sein Kriegsziel ist
die Beherrschung der Adria, wobei Österreich, für das dieses Meer die
einzige Zufahrtsstraße für das Weltmeer bildet, ihm hindernd im Wege
steht. Um dieses Zieles willen mußte ein Kriegsgrund an den Haaren
herbeigezogen werden. Wie sehr das geschehen ist, zeigt die italienische
Kriegserklärung an Österreich-Ungarn Pfingsten 1915, in der Italien
Österreich vorwarf, seiner Bündnispfiicht nicht nachgekommen zu sein,
weil es ihm keine Mitteilung über seine bevorstehende Kriegserklärung
an Serbien gemacht habe.“
„Es ist schrecklich“, sagte die Mutter. „Ich begreife nur nicht,
daß das italienische Volk das mittut.“
„Englisches Geld und französische Hetzerei und erkaufte italieni¬
sche Volksaufwiegler haben auch das zustande gebracht. Dazu kam die
Abhängigkeit Italiens von seiner Einfuhr an Kohlen, Nahrungsmitteln
und Rohstoffen, die ein feindliches England leicht unterbinden konnte.
Auch die langgestreckte Küste mit ihren wichtigen Eisenbahnen und
Häfen bildete für feindliche Schiffe ein bequemes Angriffsziel.“
„Das alles wußte aber doch Italien schon früher; warum verbündete
es sich dann mit uns?“ fragte Karl.
„Es war das der Ausfluß des Ärgers über Frankreich, als dieses
das von Italien beanspruchte Tunis besetzte,“ antwortete der Vater.
„Als es aber mit Einwilligung Frankreichs und Englands Tripolis be¬
setzen durfte, ließ es sich wieder beschwichtigen, und die Aussicht auf *
den Besitz der Adria trieb es vollständig in die Arme unserer Gegner.“
„Es ist schrecklich“, meinte die Mutter, „wenn man bedenkt, daß
wegen der Ländergier einiger Staatsmänner Millionen von Menschen in
der Vollkraft des Mannes- und Jünglingsalters ihr Herzblut opfern müssen.“
„Ja“, meinte der Vater; „wehe den Schuldigen! Ich vermöchte
mit einer solchen Blutschuld auf dem Gewissen keine Stunde mehr ruhig
zu leben. Gottes Mühlen mahlen langsam, mahlen aber trefflich fein.
Auch sie werden seinem Strafgericht nicht entrinnen.“
Stahl nach Dr. Eohrbach u. a.
O. Gesetzeskunde.
202. Aus der Gewerbeordnung für das Deutsche Reich.
während in früherer Zeit der Gewerbebetrieb vielfachen Beschränkungen
unterworfen war, hat die Gewerbeordnung, die f869 für den Norddeutscheu
Bund erlassen und J87J auf das ganze Deutsche Reich ausgedehnt wurde,
grundsätzlich, soweit dies mit Rücksicht auf das öffentliche Wohl nur irgend
geschehen konnte, die Freiheit des Gewerbes von allen Schranken, von
Bann- und Zwangsrechten, von dem Ausschließungsrecht der Zünfte und
Schürmann u. Windmöller, i'ehr- u. Le>eb. f. Fortbildnngs- u. Gewerbesch. I. 24