Full text: Deutsches Lesebuch für Mittel- und Oberklassen der Volksschulen

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Luthers Hinscheiden in der evangelischen Kirche auftretenden Zwie.- 
spalte zeigte es sich nur zu deutlich, welche außerordentliche Stütze 
er an jenem treuen Freunde verloren hatte. Friedlich und sanft, 
wie er gelebt, starb er 14 Jahre nach Luther am 19. April 1560 
und ward in der Schloßkirche zu Wittenberg neben Luther beigesetzt. 
381. Die Schweizer Reformatoren. 
Fast gleichzeitig mit Luther trat in der Schweiz Ulrich Zwingli 
als Verkündiger der Wahrheit auf. Er war am 1. Januar 1484 
zu Wildhaus in der Grafschaft Toggenburg in der Schweiz geboren. 
Nach Beendigung seiner Studien wurde er 1506 Pfarrer zu Glarus, 
1516 aber als solcher nach Einsiedeln berufen. In dem dasigen 
Kloster wurde ein wundertätiges Marienbild verehrt, zu welchem 
jährlich Tausende wallfahrteten. Zwingli predigte gegen dieses Un¬ 
wesen und bewirkte, daß das Bild entfernt wurde; somit war auch 
das Reformationswerk begonnen. Als er 1519 nach Zürich be¬ 
rufen wurde, erklärte er in seiner Antrittspredigt, daß er nur Gottes 
Wort, nicht Menschenlehre verkündigen werde. Besondere Gelegen¬ 
heit bot sich ihm dazu dar, als der Mönch Samson wie Tetzel 
zu Wittenberg in der Nähe von Zürich seine Ablaßbude errichtete. 
Zwingli predigte scharf gegen diesen Unfug, und da ihn auch die 
Regierung unterstützte, mußte sich Samson entfernen. Mit Hilfe 
der weltlichen Obrigkeit führte er nun in Zürich das Reformations¬ 
werk durch. Dem Beispiele des Kantons Zürich folgten bald Bern 
und Genf. Fünf Kantone verboten jedoch die Reformation und 
fingen sogar mit den evangelischen Kantonen Krieg an. Zwingli 
mußte als Feldprediger dem Banner der Stadt Zürich folgen. Am 
11. Oktober 1531 kam es bei Kappel in der Nähe von Zürich 
zur Schlacht. Gegen 8000 Feinde standen nur 500 Züricher. 
Letztere wehrten sich tapfer, aber sie mußten der Übermacht erliegen. 
Zwingli selbst wurde von einem Wurfspieße getroffen und sank zu 
Boden. Die Feinde fanden ihn sterbend. „Willst du beichten und 
zur heiligen Jungfrau beten?" fragte ihn ein wilder Krieger. 
Zwingli schüttelte das Haupt; da durchbohrte ihn das Schwert. 
Sein Leichnam wurde gevierteilt, dann verbrannt; die Asche streute 
man in den Wind. 
Aber das Werk, welches Zwingli begonnen, setzte später 
Johann Calvin in Genf mit unermüdlichem Eifer fort. Er war 
1509 zu Noyon in der Picardie (Nordfrankreich) geboren. Seine 
Erziehung und Ausbildung empfing er zu Paris. Durch das fleißige 
Studium der Heiligen Schrift wurde er bald mit den Mißbräuchen 
der Kirche bekannt. Als er wegen seiner freieren Glaubensansichten
	        
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