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84. Vom Eigentum.
84. Wom Eigentum.
Zwei Knaben, Karl und Fritz, gehen auf der Landstraße. Kurz
vor dem nächsten Dorfe findet Karl einen goldenen Ring mit einem
Edelsteine. Karl scheut sich den Ring zu behalten; denn er weiß, daß
derselbe fremdes Eigentum ist. — Er übergibt ihn dem Bürgermeister
des Dorfes, damit dieser nach dem Eigentümer des Ringes forsche. Auf
dem gleichen Wege sieht Karl in der am Rande der Straße befindlichen
Kiesgrube eine versteinerte Muschel von seltener Form. Fritz springt
ihm voran und nimmt die Muschel. Karl verlangt sie für sich mit den
Worten: „Sie ist mein, denn ich habe sie zuerst gesehen!" Fritz fühlt,
daß Karl recht habe, und gibt sie ihm ohne Widerrede. Die Muschel
ist nun das Eigentum Karls, er ist Besitzer der Muschel.
Jeder unverdorbene, rechtliche Mensch achtet das Eigentun: seines
Mitbürgers; er verlangt aber auch, daß man seinen Besitz nicht antaste.
Wenn man kein Eigentum haben dürfte, so würde niemand arbeiten.
Wer wird einen Baum pflanzen, wenn er fürchten muß, daß jeder
Vorübergehende ungestraft die Früchte desselben abbrechen darf! Wer
würde ein Haus bauen, in dem irgend ein Fremdling nach Belieben
Wohnung nehmen könnte; wer ein Pferd aufziehen, welches der Nachbar
nach Belieben einspannte! Wer würde Flachs bauen und Leinwand
bereiten, in welche ein Fremder ohne weiteres sich kleidete! Welche Vor¬
stellung muß sich ein rechtlich denkender Mensch von einem Lande machen,
in dem ein Bewohner das Eigentum des anderen ungestraft hinweg¬
nehmen darf! Gewiß wird niemand in einem solchen Lande wohnen
wollen.
Die Mittel und Wege, welche uns das Eigentum einer Sache, z. B.
eines Buches, eines Pferdes, eines Hauses oder Grundstücks, verleihen,
sind mannigfaltig.
Es kann geschehen:
1. durch Kauf, indem man eine Geldsumme dafür bezahlt;
2. durch Tausch, indem man eine andere Sache von Wert da¬
gegen gibt;
3. durch Schenknng, wenn man die Sache unentgeltlich (umsonst)
erhält;
4. durch Erbschaft aus dein Nachlaß verstorbener Eltern und Ver¬
wandten oder
5. dadurch, daß man eine herrenlose (freie) Sache — wie die oben¬
genannte Muschel — sich zueignet, von ihr Besitz ergreift. Auch durch
Arbeit wird vielfach Eigentum erworben. Das Wasser, welches unter