Full text: Anschaulich-ausführliches Realienbuch

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zu schießen, und schlossen mit ihnen Freundschaft. Jetzt brach der Aufruhr offen hervor. 
Die Sturmglocken wurden geläutet, und jeder griff zu den Waffen. Der König ver¬ 
suchte, in einem Postwagen zu entfliehen, wurde aber auf einer Haltestelle vom Post¬ 
meister erkannt und von der Bürgergarde nach Paris zurückgebracht. Hier setzte mau 
ihn ab und erklärte Frankreich für eine Republik. 
Der König Friedrich Wilhelm II. von Preußen wollte dem König Ludwig XVI. bei- 
stehen und vereinigte sich zu diesem Zwecke mit dem Kaiser. Unter dem Oberbefehl des 
Herzogs von Braunschweig rückten die Heere der Verbündeten über den Rhein (1792), aber 
sie vermochten gegen die wutentbrannten Franzosen nichts auszurichten und mußten sich 
wieder an den Rhein zurückziehen. 
In Frankreich aber wurde der Aufruhr immer größer. Die christliche Religion 
wurde abgeschafft und eine Sängerin als Göttin der Vernunft verehrt. 1793 fiel 
des Königs Haupt durch Henkers Hand, und neun Monate später wurde auch seine 
Gemahlin, Marie Antoinette, hingerichtet. 
3. Schreckenszeit. Der Ruf: „Freiheit und Gleichheit!" erscholl jetzt auf den 
Straßen, in den Versammlungen. Aber gerade die Männer, die dieses Wort fort¬ 
während im Munde hatten, waren die scheußlichsten Tyrannen: Marat, Danton, 
Robespierre u. a. Wer nur ein Wort des Mißfallens über ihr Schreckensregiment 
äußerte, war reif für das Fallbeil (Guillotine). Zeugen hörte man gar nicht an. Fast 
jeden Tag wurden 30—40 Personen — einigemal sogar Kinder — hingerichtet. 
An einem Tage wurde u. a. auch ein Dienstmädchen zum Schaffot geführt, weil sie 
gesagt hatte, zur Zeit des Königs sei es doch besser gewesen, ein andermal ein Vater, 
weil sein Sohn ausgewandert war. Niemand war seines Lebens sicher. Die Scharf¬ 
richter waren kaum imstande, die Menge der Verurteilten abzuschlachten. Endlich 
aber wurden auch die Rädelsführer vom Gericht Gottes ereilt. Marat wurde im Bade 
erdolcht. Danton und Robespierre dagegen endeten unter der Guillotine. 
Irret euch nicht, Gott läßt sich nicht spotten! 
4. Beginn des neuen Zeitalters. Durch die Revolution — so schrecklich sie 
auch war — wurden doch viele Mißstände in Frankreich beseitigt. Vor allem wurden 
die Vorrechte des Adels und der Geistlichkeit abgeschafft und die Leibeigenschaft der 
Bauern aufgehoben. Diese hatten ihrem Herrn nun keine Frondienste mehr zu leisten, 
der Kirche nicht mehr den Zehnten zu entrichten. In den Städten wurde der Zunft- 
und Jnnungszwang aufgehoben und jedem Bürger volle Gewerbefreiheit gestattet. 
Die Steuern wurden nach Besitz und Vermögen verteilt und die höchsten Militärstellen 
jedem Bürger zugänglich gemacht. — Aber das viele unschuldig vergossene Blut sollte 
nicht ungerächt bleiben. Bald trat an die Spitze der Republik ein Mann, in dessen 
Hand Gott seine eiserne Zuchtrute legte. Das war Napoleon. 
5. Napoleon Bonaparte war der Sohn eines Advokaten auf der Insel Korsika. 
Er wurde Offizier und stellte sich beim Ausbruch der Revolution auf die Seite der 
Republikaner. Es dauerte nicht lange, so brachte er es zum General und erhielt den 
Oberfehl über die ganze Armee, die damals in Italien gegen die Östreicher kämpfte. 
In kurzer Zeit hatte er diese besiegt und sich auch fast ganz Italien unterworfen. Ein 
Jahr darauf ging er nach Ägypten, besiegte 23 afrikanische Fürsten bei Kairo und 
wurde so auch Herr dieses Landes. Nach Frankreich zurückgekehrt, wurde er hier mit 
großem Jubel aufgenommen. Bald aber vertrieb er die dortige Regierung und machte 
sich zum ersten Konsul des Landes. Stets folgte der Sieg seinen Fahnen; seine 
Soldaten verehrten ihn abgöttisch. Das machte ihn so kühn, daß er sich 1804 zum 
Kaiser krönen ließ.
	        
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