Asien. 103
und denen seiner Nachfolger ist es zu danken, daß Sibirien heute bereits sehr gut
bekannt ist. Ahnlich liegen die Verhältnisse in Vorderindien, wo die Eng—
länder nach der Besitzergreifung eine lebhafte Entdeckertätigkeit entwickelten.
Für die Erforschung Zentralasiens bedeutet das Jahr 18656 eine wichtige
Wendung, da sich von da an der Wetteifer zwischen Russen und Engländern
zu regen beginnt. 1856 unternahmen die Brüder Hermann, Robert und
Adolf Schlagintweit aus München von Indien her einen Vorstoß nach
N. Sie überstiegen den Himälaja und den Karakorum und drangen durch
Westtibet nach dem Kuenlun vor. Unter den Reisenden in russischen Diensten
ist an erster Stelle Nikolaij Prschewalskij zu nennen. Er durch—
forschte in den 1870er und 80er Jahren das Tarimbecken und dessen Grenz—
gebirge, Teile von Tibet und die Mongolei, insbesondere die Gobi. Die
systematische Durchforschung des Lob-norgebietes blieb dem Schweden Sven
von Hedin vorbehalten, der die Doppelbeckennatur des Lob-nor und sein
periodisches Wandern feststellte. Am widerstandsfähigsten gegen eingehendere
Erforschungen hat sich unter den zentralasiatischen Ländern bis in die jüngste
Vergangenheit hinein Tibet erwiesen, das sagenumwobene Reich des Dalai
Lama. Die erste Durchquerung Tibets gelang 1889/90 dem Prinzen
Heinrich von Orleans und seinem Begleiter Bonvalot. Lhasa, die
heilige, für jeden Europäer unbetretbare Hauptstadt der Tibetaner, wurde erst
durch die militärische Expedition Englands 1904 unter dem Oberst Younghusband
betreten. Die asiatischen Randländer wurden früher erforscht. Für die Länder
Vorderasiens ist Karsten Niebuhr von größter Bedeutung, der 1763/67
neue Grundlagen für das Kartenbild derselben schuf. In Kleinasien hat
Heinrich Kiepert seit 1841 ein halbes Jahrhundert lang fortgesetzt Reisen
unternommen, und Kaukasien ist mit den Grenzländern des Kaspischen Meeres
seit 1865 vom Deutschen Gustav Radde bereist worden. Unter der südost—
asiatischen Inselwelt hat Java durch F. W. Junghuhn 1835 —1849 die
eingehendste Untersuchung erhalten, während die übrigen Inseln zum Teil erst in
der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts aus ihrem Dunkel heraustraten, zum Teil noch
heute auf eine genauere Durchforschung warten. Japans gewaltsame Erschließung
im Jahre 1867 hat auch auf geographischem Gebiete eine rasche Entwicklung
gezeitigt. Die Japaner haben angefangen, ihr Land in ähnlicher Weise
systematisch zu durchforschen, wie dies bei den westeuropäischen Kullurvölkern
üblich ist. Wesentlich anders liegen die Verhältnisse in China, wo die
kriegerischen Operationen der Engländer und Franzosen 1858/60 nur die Offnung
der Küsten für den Handel erzwangen. Am bedeutungsvollsten sind die aus—
gedehnten Reisen des Amerikaners Pumpelly, der 1863/64 Nordchina
und die Mandschurei durchforschte, und des Deutschen Ferdinand von
Richthofen, der 1868/72 ganz China bereiste und die Grundlagen für unsere
heutige Kenntnis vom Oberflächenbau Ostasienes überhaupt festlegte.
b Lage und Flächengliederung. Asien liegt auf der ö. Hälfte
der nördlichen Halbkugel. Nur einige seiner sö. Inseln reichen auf die s.
Halbkugel. Durch welche Zonen erstreckt sich Asiend Gib die Grenzen des
Erdteils an! Durch die 115 km breite Landenge von Suẽs hängt der
Erdteil mit Afrika zusammen (Suẽs-Kanal); von Ämerika ist er durch die
nur 92 Em breite Beringstraße getrennt; mit Australien steht er durch den
Hinderindischen Archipel in Verbindung, der die Trümmer einer ehemaligen
zusammenhängenden Landverbindung datrstellt.