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Neueste Geschichte. 2. Periode. Freiheitskampf. 
Ihrigen, mittellose Männer überließen Weib und Kind dem 
Schutz des Höchsten, um nicht zurückzubleiben bei dem allgemeinen 
begeisterten Beginnen. Wer aber am Kampfe selbst nicht Theil 
nehmen konnte, die Greise, die Kinder und besonders die Frauen, 
sie wetteiferten dennoch in Thaten freudiger Hingebung für das 
gemeinsame Werk: willig opferten sie ihr Hab und Gut, oder 
halfen mit ihrer Hände Arbeit die zahlreichen Kriegsbedürfnisse 
für die so schnell gerüstete Armee beschaffen. Die Frauen legten 
ihr silbernes Geräthe und ihren Schmuck auf dem Altar des 
Vaterlandes nieder, die Kinder gaben freudig ihre kleinen Er¬ 
sparnisse hin, selbst die Jungfrauen, bis zur Dienstmagd herab, 
opferten, was sie irgend darzubringen vermochten, und diejenigen, 
welche gar nichts Anderes hatten, schnitten ihr Haar ab, um den 
Preis des daraus gefertigten künstlichen Geflechts für das Vater¬ 
land hinzugeben. Ueberall aber halfen die Frauen den Muth 
und die Begeisterung der in beit Kampf ziehenden Männer an¬ 
feuern, und die Herzen, welche sonst bei solchem Abschied schmerz¬ 
lich beklommen sind, schlugen höher und freudiger in dem Be¬ 
wußtsein der großen That der Befreiung, an welcher ihre Theu¬ 
ersten Theil haben sollten. Das Andenken an die treffliche, zu 
früh verstorbene Königin Luise und an die tiefen Kränkungen, 
welche der fremde Gewalthaber ihr zugefügt hatte, trug nicht 
wenig dazu bei, solchen patriotischen Eifer zu beleben. An ihrem 
Geburtstage (10. März) stiftete der König den Orden des ei¬ 
sernen Kreuzes, des ehrwürdigen Denkzeichens für kriegerische 
Auszeichnung in jenein Befreiungskämpfe. 
Was diese allgemeine Erhebung besonders auszeichnete und 
was dieselbe für Jahrzehende hinaus, bis in unsere Tage segens¬ 
reich gemacht hat, das ist der sittliche Ernst jener Begeisterung, 
welcher ein ganzes Volk damals über alles Unedle oder Gemeine 
erhob, und den Geringsten, wie den Höchsten für die edelsten, 
besten Regungen und Ideen allein empfänglich machte. Alle 
schlechten Leidenschaften traten zurück vor dem überwältigenden 
Zug großartigen Strebens, Glaubens und Höffens, und dem ge- 
sammten Volke wurde eine Weihe von oben zu Theil, wie selten 
in der Geschichte der Völker. 
Wie in Preußen, so regte es sich bald auch in andern Theilen 
Deutschlands; nicht überall konnten die deutschen Stämme sich, 
wie die Preußen, auf eines geliebten Fürsten Ruf erheben, aber 
vom ersten Augenblick an eilten Männer und Jünglinge aus
	        
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