Full text: Lesebuch für Fortbildungsschulen

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die Geschirre blank sind. Sie versteht es, die Nahrungsmittel klug ein¬ 
zukaufen, die Speisen nach ihrem Nährwerte richtig zusammenzustellen, 
schmackhaft und ausreichend und doch zugleich wohlfeil zu kochen und 
das vom Mittagsmahle Übrigbleibende für den Abend zweckmäßig zu 
verwerten. 
Ihrem Manne ist sie eine liebevolle Gehilfin, die seinen Gedanken 
und Arbeiten, seinen Hoffnungen und Sorgen ein volles Verständnis 
entgegenbringt, die Leid und Freud mit ihm trägt, die ihn, wenn er 
am Abend müde von der Arbeit kommt, freundlich empfängt und die 
Empfindung in ihm befestigt, daß das schönste Glück dem Manne nicht 
etwa im Wirtshause, sondern am eigenen Herde, im eigenen trauten 
Heim bereitet ist. 
Den Kindern ist sie eine treubesorgte, liebende Mutter. Sie sorgt 
unablässig für das Wohlergehen derselben, behütet und bewahrt sie in ge¬ 
sunden und kranken Tagen und leitet sie zu all den Tugenden an, mit 
denen sie selber geschmückt ist, zur Arbeitsamkeit, Sparsamkeit, Ordnungs¬ 
liebe, Sanftmut, Sittsamkeit und Gottesfurcht. 
Möchte keiner deutschen Familie eine solche Hausfrau, eine solche 
Mutter fehlen! 
6. Eine edle Tochter. 
In der Stadt Reims in Frankreich lebte ein Kaufmann, namens 
Mortier. Er war ein durchaus rechtschaffener Mann, der pünktlich 
bisher bezahlt hatte und deswegen das Vertrauen der Kaufmannschaft 
in hohem Grade besaß. 
Mehrere Bankerotte in Paris brachten ihm aber plötzlich so heftige 
Schläge bei, daß er die Waren, welche er hier- und dorther bezogen, 
nicht bezahlen konnte, wenigstens nicht zu der ihm gesetzten Frist. 
Der ehrliche Mann konnte sich sagen, daß er ohne seine Schuld 
in diese bedrängte Lage geraten war. Er entschloß sich daher, nach 
Paris zu reisen, die Geschäftsbücher seinen Gläubigern offen darzulegen 
und um Nachlaß oder längere Frist zur Zahlung zu bitten. 
Die rückhaltslose und ehrliche Weise, wie er das tat, konnte nur 
das Vertrauen in seine Denkungsart bestärken. Gerne bewilligten ihm 
daher seine Gläubiger diese Frist, auch wohl einen ansehnlichen Nachlaß, 
nur einer nicht und gerade der, welchem er am meisten schuldete. Dieser 
verlangte ohne Schonung Geld, und jeder Versuch war vergeblich, ihn 
auf mildere Gesinnung zu bringen. Der Grund der Härte lag aber 
nicht in einer Gefühllosigkeit dieses Mannes, sondern darin, daß erst 
kürzlich ein betrügerischer Bankerott ihn um bedeutende Summen gebracht 
hatte. Die Art, wie man ihn hinter das Licht geführt, war so nichts¬ 
würdig, daß er geschworen hatte, seine Ausstände aufs strengste einzu¬ 
treiben.
	        
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