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mal in Versuchung, in Kaufmannsgeschäften andere zu betrügen und so 
die Hand nach fremdem Gute auszustrecken; aber dann war es mir 
immer, als fühlte ich von neuem die Ohrfeige, und ich erinnerte mich 
der Worte: Lass es zugleich das letzte Mal sein! So bin ich 
ehrlich geblieben, und in dem Vermögen, welches ich mit herüber¬ 
gebracht habe, ist kein Pfennig unrechten Gutes. Gott sei dafür gelobt!" 
So erzählte der junge Mann; dann aber ergriff er die Hand des 
Herrn Müller und sagte: „Darf ich nun diese Hand, die mir eine Wohl¬ 
that erwiesen hat, recht dankbar drücken?" oidentmrger Volksbote. 
d. Von der werktätigen Liebe. 
Ebel sei der Mensch, hilfreich und gut! 
Denn das allein nnterscheidet ihn 
Von allen Wesen, die wir kennen. 
—- G oethe. 
17. Schicksal und Anteil. 
„Hab' ich den Markt und die Straßen doch nie so einsam gesehen! 
Ist doch die Stadt wie gekehrt, wie ausgestorben! Nicht fünfzig, 
belicht mir, blieben zurück von allen unsern Bewohnern. 
Was die Neugier nicht thllt! So rennt und läuft nun ein jeder, 
um den traurigen Zug der armen Vertriebnen zu sehen. 
Bis zum Dammweg, welchen sie ziehn, ist's immer eilt Stündchen, 
und da läuft man hinab im heißen Staube des Mittags. 
Möcht' ich mich doch nicht rühren vom Platz, um zu sehen das Elend 
guter, fliehender Menschen, die nun, mit geretteter Habe 
leider das überrheinische Land, das schöne, verlassend, 
zu uns herüberkommeil und durch den glücklichen Winkel 
dieses fruchtbaren Thals und seiner Krümmungen wandern. 
Trefflich hast bn gehandelt, o Frau, daß bn milde den Sohn fort¬ 
schicktest mit altem Linnen und etwas Essen und Trinken, 
um es den Armen zu spenden; denn Geben ist Sache des Reichen. 
Was der Junge doch fährt! Und wie er bändigt die Hengste! 
Sehr gilt nimmt das Kütschchen sich aus, das neue; beqnemlich 
säßen viere darin und auf dem Bocke der Kutscher. 
Diesmal fuhr er allein; lvie rollt es leicht um die Ecke!" 
So sprach, unter dem Thore des Hauses sitzend am Markte, 
wvhlbehaglich zur Frau der Wirt zum goldnen Löwen. 
Und es versetzte darauf die kluge, verständige Hausfrau: 
„Vater, nicht gerne verschenk' ich die abgetragene Leinwand; 
denn sie ist zu manchem Gebrauch und für Geld nicht zu haben, 
wenn man ihrer bedarf. Doch heilte gab ich so gerne 
manches bessere Stück an Überzügen und Hemden; 
denn ich hörte von Kindern lind Alten, die nackend dahergehn. 
Wirst du mir aber verzechn? denn auch dein Schrank ist geplündert, 
und besonders den Schlafrvck mit indianischen Blumen, 
von dem feinsten Kattun, mit feinem Flanelle gefüttert, 
gab ich hiil; er ist dünn und alt und ganz aus der Mode."
	        
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