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III. Abschnitt
gen von Kohlensäure finden sich in den Gärkellern, besonders aber dort,
wo sic durch Spalten oder Bohrlöcher dem Erdinnern entströmt, wie z. B.
bei Trier, Brohl, Pyrmont, Neapel usw. Wo die Kohlensäure in der
Erde und unter hohem Drucke mit Wasser in Berührung kommt, wird sie
von diesem oft in bedeutender Menge aufgenommen. Solches Wasser bildet
dann die Säuerlinge oder Sauerbrunnen. Hier ist durch Naturkräfte die¬
selbe Arbeit vorgenommen, welche die Fabrikanten des sogenannten Sel¬
terswassers leisten, wenn sie künstlich dargestellte Kohlensäure in das Was¬
ser pressen. Schier unerschöpflich aber ist die Kohlensäurequelle, wenn
wir dieses Gas aus dem kohlensauren Gesteine gewinnen wollen, welches
als Kalkstein, Kreide und Marmor ganze Gebirgszüge bildet. Die Ge¬
winnung der Kohlensäure aus diesen Verbindungen ist außerordentlich
einfach; denn sie wird ans ihnen ausgetrieben, sobald eine stärkere Säure
hinzutritt. Da nun die Kohlensäure eine der schwächsten Säuren ist, so
stehen stärkere Säuren genug und billig zur Verfügung. Soweit man es
heute nicht vorzieht, die Kohlensäure als reines, der Erde entströmendes
Gas einfach aufzufangen, wird sie durch Brennen von Kalkstein oder da¬
durch gewonnen, daß man Marmor oder Kreide mit Salzsäure behan¬
delt. In den zwanziger Jahren sind die ersten Gase, unter ihnen auch
die Kohlensäure, von Davy und Faraday verflüssigt worden. Es blieb
indes Dr. Raydt in Hannover vorbehalten, die flüssige Kohlensäure in
größeren Mengen darzustellen und in den Dienst der Industrie zu neh¬
men, wo sie zahlreiche Anwendungen gefunden hat. Sowohl künstlich dar¬
gestellte als auch vor allen Dingen im Rheinlande dem Erdinnern ent¬
strömende Kohlensäure wird heute in großen Mengen verdichtet. Die flüs¬
sige Kohlensäure, von welcher I Liter etwa 500 Liter Gas darstellt, wird
in eisernen Flaschen von 8 kg Inhalt geliefert. Diese Flaschen müssen
einen Druck von 60 Atmosphären aushalten, sind aber amtlich auf 250
Atmosphären geprüft.
3. Von den zahlreichen Verwendung Zarten der flüssigen Koh¬
lensäure ist die Anwendung in Bierdruckwerken die bekannteste. Mit dem
Bierfaß in Verbindung gesetzt, erzeugt sie durch ihre Verflüchtigung den
zum Emportreiben nötigen Druck, kühlt durch die dabei entstehende Kälte
das Bier ab, erfrischt es, indem sie sich in Perlen dem Biere mitteilt,
und verhindert sein Verderben, da sie nicht, wie die früher zur Druck¬
erzeugung angewandte Luft, Fäulniserreger mit sich führt. — Der Fabri¬
kant des kohlensauren Wassers bedient sich gleichfalls mit vielem Vorteile
der flüssigen Kohlensäure. — Auch zum Betriebe von Feuerspritzen wird
sie verwendet, indem der bei der Ausdehnung des Gases entstehende Druck
große Wassermassen in das Feuer schleudert. — Zwei sehr geistreiche Ver¬
wendungen der flüssigen Kohlensäure hat Friedrich Krupp in Essen
erdacht. Beim Gusse von Metallblöcken war es stets als sehr nachteilig
empfunden worden, daß das Metall nach dem Erstarren nicht an allen
Teilen gleichmäßig dicht war. Dieser Übelstand wird dadurch abgestellt,
daß man Kohlensäure während des Erkaltens des Metallblocks in die
geschlossene Form strömen und das Metall somit unter einem Drucke vou
75 Atmosphären erstarren läßt. — Bei den an Krupp zurückgesandten