Full text: [Abteilung 2 = Quinta, [Schülerband]] (Abteilung 2 = Quinta, [Schülerband])

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Baum beugt sich unter der Schwere goldener Früchte; die gutgenährte Herde 
der Schafe und Rinder wird Quelle des Wohlstandes für ihren Besitzer, während 
die darbende nur kärglichen Gewinn hoffen läßt. 
Schärfer noch tritt die Wahrheit: Wie die Arbeit, so der Lohn! in den 
Verhältnissen des Menschen zu seinesgleichen hervor. Nach dem Maße der 
Brauchbarkeit belohnt der redlich denkende Herr seinen Diener. Den treuen 
schätzt er und versorgt ihn auch in den Tagen seines Alters, während der ge¬ 
wissenlose Knecht, des Dienstes entlassen, endlich vor den Türen sein Brot erbetteln 
muß. Der fleißige und gewissenhafte Arbeiter wird als solcher bald erkannt, 
gesucht und mit reichlicherem Tagelohne bedacht als der nachlässige. Der geschickte 
Gewerbsmann findet Absatz für seine Erzeugnisse, während die schlechten Waren 
eines Pfuschers den Markt nicht behaupten können. Der Kaufmann, der mit 
„gerechter Ware" umgeht, bringt in der Regel sein Geschäft in Schwung; denn 
jedermann schenkt ihm Vertrauen. 
Nicht anders ist es auch in der sittlichen Welt. „Unglück verfolget die 
Sünder, aber den Gerechten wird Gutes vergolten!" — Und doch, höre ich sagen, 
bleiben gar viele edle Taten unerkannt; oft wird Gutes mit Bösem belohnt, und 
mancher verruchte Bösewicht wandelt ungestraft des Lasters Bahn! Mag dies 
auch also scheinen, in Wirklichkeit verhält es sich anders. Oder trägt denn 
nicht der Bösewicht schon das beschämende und strafende Bewußtsein in sich, wie 
der Gerechte das beseligende Gefühl des Friedens? Ist denn, was menschlichen 
Augen verborgen ist, nicht klar und entdeckt vor dem Auge Gottes, und wird 
er, der gerechte Richter, nicht einst einem jeglichen geben, darnach er verdient 
hat? Ja, unser ganzes Leben ist die Saat, der eine ewige Ernte folgen wird, 
und wer hienieden noch zweifelte, in jenem Leben wird er, sein Urteil vernehmend, 
sich selber zurufen: „Wie die Arbeit, so der Lohn!" 
Ringler, Lesebuch für Realschulen II. Leipzig, Dnrrsche Buchhandlung. 
56. Vom Sparen. 
Spare! Mit den fünf Buchstaben wäre manchem, der's nur einmal pro¬ 
bieren wollte, sicherlich geholfen. Für viele aber ist's eine harte Nuß, die sie 
nicht knacken mögen. Darum haben sie auch zuletzt nichts zu beißen und zu 
brechen. 
„Sparen soll ich, sagt der eine, aber wovon? Zinsen und Renten 
beziehe ich nicht; wovon soll ich mir also etwas abbrechen?" — Erstlich: Von 
deinem Hab und Gut sollst du dir etwas abbrechen, von deinem Einkommen und 
Erwerb, von deinem Verdienste und Tagelohn! Und zweitens: An Mund und 
Kleid, an Magen und Kragen sollst du's ersparen! 
„Wer Geld und Gut denkt zu erlangen, 
Muß erstlich mit dem Mund anfangen." 
„Sparen soll ich, sagt der andere; aber wieviel? Die Ersparnisse von 
meinen sechs Dreiern sind nicht der Rede wert und können nichts helfen." —- 
Aber viele Bäche machen einen Strom, viele Körner machen einen Haufen, viele 
Federn ein Bett, viele Reiser einen Besen. 
„Wer das Kleine nicht acht't, 
Dem wird das Große nicht gebracht." 
Ich kenne einen Herrn Haltzurat, der früher mit Schieferstiften, Siegellack 
und anderen Kleinigkeiten im Kasten mit gutbeschlagenen Schuhen durch die
	        
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