Full text: Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen

262 
quillt seit der Weltschöpfung als Salzsole aus unzähligen Salz¬ 
quellen; es bedeckt als kristallischer Überzug die unfruchtbaren 
Steppen Nordafrikas, Mittelasiens und Chiles; es schwimmt in so 
ungeheuren Massen im Weltmeere, daß man, wollte man das ge¬ 
samte Meerwasser verdunsten, das ganze feste Land der Erde 625 m 
hoch mit Salz würde bedecken können! Schaut hinaus auf das 
unermeßliche Meer; sein blaues, durchsichtiges, lieblich anzusehendes 
Wasser schmeckt salzig und bitter, ist untrinkbar für Menschen und 
Tiere, aber vor Fäulnis geschützt durch das Salz. Steigt hinab 
in Wieliezkas wunderbare Salzwerke, wo man so reines und durch¬ 
sichtiges Salz findet, daß man es sogleich, wie es aus der Erde 
kommt, verbrauchen kann; besucht Österreichs Salzkammergut mit 
seinen unermeßlichen Schätzen bei Ischl, Hallein und Hallstadt, und 
das bayerische Reichenhall; seht Preußens mächtige Steinsalzlager 
bei Staßfurt unweit Magdeburg, die unerschöpflichen Salzquellen 
bei Halle, und überall, wo sonst euch der Ortsname Hall begegnet, 
da werdet ihr finden, was das Wort bezeichnet: das Salz. 
In Flötzgebirgen liegt in gewaltigen Lagern das Steinsalz, 
das man bergmännisch gewinnt. Freilich ist es nicht selten mit 
Gips, Ton und erdigen Teilen vermischt, und dann werden nicht 
die Salzsteine herausgeschafft, sondern man läßt Wasser in die Salz¬ 
gruben hinein, um das Salz auszulaugen. Im Schoße der Berge 
entstehen dann große, vom Wasser ausgefressene Höhlen wie in 
Hallein, wo der Fremde mitten im Salzberge auf einem Kahne 
über einen kleinen Salzsee schifft, während an den Wänden und 
an der Decke beim Scheine der Fackeln und Lichter die roten, blauen, 
weißen, grauen Salzkristalle wie in einem Feentempel wunderbar 
glänzen. Gewaltige, oft stundenlange Solwasserleitungen führen 
dort die gesättigte Salzsole in die Siedehäuser nach Ischl, wo in 
ungeheuren Pfannen durch Feuer das Wasser verdunstet, urtb die 
weißen Salzkristalle anschießen und zurückbleiben. In Zuckerhut¬ 
formen gedrückt, wird dann das Salz — das hier wie überall zu 
den Einnahmen des Staatsschatzes gehört — ausgeführt in das 
Land und beim Gebrauche erst kleingestoßen. Anders verfährt man 
in Halle und überall, wo natürliche Salzquellen sich finden, und die 
Sole so dünn ist, daß sie nicht gesotten werden kann; da müssen 
Sonne und Luft in den Gradierwerken dem Feuer vorarbeiten, 
indem von ungeheuer hohen Balkengerüsten die Sole an warmen, 
luftstillen Tagen durch hochaufgeschichtetes Reisig langsam herab 
tröpfelt und auf diesem Wege durch die hindurchhauchende Luft 
und durch die darauf trennende Sonne abgedunstet wird. Da 
macht man sich freilich an den Küsten des atlantischen und mittel¬ 
ländischen Meeres das Abdünsten des Meerwassers leichter; man 
gießt das Wasser in große, flache Gruben und überläßt das Gradier-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.