16. Die Leipziger Messe.
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Berlin, welches zu dieser Sorte Meßfremder ein großes Kontingent
stellt. Große, wohlorganisierte Gaunerbanden arbeiten sich gegenseitig
in die Hände, und nicht selten ereignet sich's, daß ganz fein aussehende,
goldene Ringe und Uhren tragende Herren als Taschendiebe entlarvt
werden.
Aber auch an Musikbanden fehlt es nicht. „Ohne Meßmusik
keine Leipziger Messe." Wo man nur hinhorcht, singt's, dndelt's, bläst's
oder harft's einem entgegen. Hier dreht ein armer Blinder, dort ein
Lahmer, hier wieder ein Stelzfuß einen verstimmten Leierkasten; dazwischen
hinein jauchzt's, trompetet's, schreit's in allen Tonarten, daß man schier
taub werden möchte.
Dort wieder auf hohem Gerüste schreit ein Ausrufer mit heiserer
Stimme uns an: „Immer heran, meine Herrschaften! Hier werden Sie
sehen, was noch nie nicht dagewesen ist!"
Hier ist wieder eine Reihe Tierbuden; dort kündigt eine andere
Bude an, daß eine 400pfündige, noch niemals gesehene kolossale Riesin
zu sehen sei; weiter entfernt produzieren sich Seiltänzer und Athleten;
aber auch Feueresser und Schwertverschlinger laden uns in ihre Buden ein.
Dort lockt uns wieder ein Zirkus mit seinen prächtigen Pferden,
seinen Kunstreitern, seinen Spaßmachern an. Doch wir würden nicht
fertig werden, wenn wir all die Buden sogar mit den tanzenden Flöhen,
den weißen Mäusen, den Wahrsagerinnen, Automaten und Taschen¬
spielern aufzählen würden. Noch viel weniger vermögen wir allen
Stereoskopensammlungcn, Kasperltheatern, russischen Schaukeln, Pano¬
ramen, Fleckenvertilgern, Bänkelsängern und den Buden mit den an¬
gestrichenen Mohren und gebändigten Menschenfressern, die vielleicht im
benachbarten Dorfe das Licht der Welt erblickten, Aufmerksamkeit zu
widmen.
Bald jedoch hat die Flut einströmender Menschen und Waren ihren
Höhepunkt erreicht, und man merkt, daß die Messe ihrem Ende entgegen
geht. Jetzt kommt der eigentliche Zahltag — der Donnerstag — an
dem mancher zugrunde geht.
Mit dem Ende der allgemeinen Leipziger Ostermesse beginnt die
Buch Händler messe. Bon der Großartigkeit der Preßerzeugnisse in
Leipzig kann man sich einen Begriff machen, wenn man bedenkt, daß
275 Buchhandlungen ihre Bücher in alle Welt hinanssenden. Leipzig
ist noch immer der Hanptplatz des Bücherhandels. Der gesamte
Umsatz während der Messe allein beläuft sich auf mehr als 21 Millionen
Mark; innerhalb eines Jahres ergibt sich die enorme Summe von
60 Millionen Mark.