„Freunden" zum Trünke verleitet worden war. Die Mutter
litt viel unter den Kränkungen des Vaters und hatte doch
niemand, dem sie ihr b)erz ausschütten konnte. Anna und
das Schwesterchen waren noch zu klein, als daß sie der Mutter
Kummer verstehen konnten. — Aber als nun gar Anna
anfing trotzig zu sein und nicht auf die Reden der Mutter
hören mochte, da war diese erst recht unglücklich. Und
schließlich fing sie an zu kränkeln. — —
Als Anna wieder Geburtstag hatte, — da lag die
Mutter draußen in der Kammer langausgestreckt auf ihrem
Bett und hatte ausgesorgt für immer. Der Vater stand
schweigend am Bett und blickte der Toten unverwandt ins
starre, eingefallene Gesicht. Ob sie ihm bös war, als sie
sterbend zu ihm gesagt hatte: „Verlaß meine Kinder nicht!"?
■— Anna saß weinend neben dem Totenlager und das
Schwesterchen lehnte sich an sie und blickte scheu und ängstlich
zu der Mutter, ob sie denn gar nichts mehr sage? — Am
Nachmittag kam der schwarze Leichenwagen und holte die
Mutter. Da war es Anna, als müßte sie laut die Mutter
um Verzeihung bitten. Und es hätte doch nichts mehr
geholfen. — Dann war die gute Mutter in die Erde gesenkt
worden und Anna mußte nun dem Schwesterchen die Alutter
sein und hätte doch selber noch so notwendig die Mutter
gebraucht! — —
Der Vater war einige Wochen recht gut zu den zwei
Rindern, gerade als wollte er an ihnen gutmachen, was er
der Mutter in der Trunkenheit Unrecht angetan hatte. Aber
nicht lange, dann war er wieder einmal trunken heimgekommen
und hatte zuerst das Schwesterchen und dann auch Anna
wegen einer Aleinigkeit geschlagen. Das wiederholte sich
oft und öfter und schließlich sollten die beiden Mädchen —
in das Waisenhaus kommen, trotzdem sie noch einen Vater