anderen Parteien, dann konnten sie ihn auch nicht wählen; und 
da ward dann einer von der Partei gewählt, die nach den Sozial¬ 
demokraten die meisten Abgeordneten hatte, das waren die Kon¬ 
servativen. Die Partei, die dann die meisten Stimmen hatte, das 
waren die Nationalliberalen, also wurde ein Nationalliberaler 
zum zweiten Vizepräsidenten gewählt. Für jeden von diesen, 
für den ersten und zweiten Vizepräsidenten wird ebenso abge¬ 
stimmt, wie vorher für den Präsidenten. Jedes Mal, wenn 
die Namen alle nach dem Zettel verlesen sind und zusammen¬ 
gezählt sind, dann fragt der Versammlungsleiter, ob der, der 
gewählt ist, die Wahl annimmt. Und wenn er dann „ja" sagt, 
dann ist er in sein Amt eingesetzt. 
So konstituiert sich immer der Reichstag, und hält dann erst 
seine Sitzungen ab, wobei manchmal die ganze Welt zuhört, d. h. 
die fremden Völker hören natürlich so zu, daß sie Zeitungsbericht¬ 
erstatter oben auf der Tribüne haben, und die stenographieren 
dann alles Wichtige nach und telegraphieren es dann an ihre Zei¬ 
tungen, und das wird dort gelesen. 
Aus dem Aolonialamt. 
(Ende 1906.) 
Das Reichskolonialamt, von dem immer gesprochen wird, 
ist ein Reichsamt, das es erst seit kurzer Zeit gibt, das es aber 
eigentlich schon längst hätte geben sollen. Der Reichstag wäre 
beinah schon früher damit einverstanden gewesen, daß so ein 
Reichskolonialamt eingerichtet würde; aber weil der Oberst Deim¬ 
ling im Reichstag so sprach, wie er es wirklich meinte, und nicht 
so höflich, wie der Reichstag es verlangte, daß man zu ihm spricht, 
da hatte der Reichstag zur Strafe für den Oberst Deimling und 
für die, die über den Oberst Deimling zu befehlen haben, gesagt, 
ein Reichskolonialamt soll es jetzt noch nicht geben. Unsere Kolo¬ 
nien wurden also immer regiert von einem Direktor, der wieder 
kommandiert wurde vom Staatssekretär im Reichsamt des 
Aeußern, und der wird wieder kommandiert vom Reichskanzler. 
Da nun doch mit den Kolonien recht viel zu tun ist, so war die 
Einrichtung immer ein bißchen unbequem und nicht recht so, wie 
sie eigentlich nötig war. 
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