Nun kam noch dazu, daß viel Unangenehmes über das Kolonial¬
amt geschrieben worden war. Namentlich ein jüngerer Reichstags¬
abgeordneter, der zur katholischen Zentrumspartei gehört — er heißt
Erzberger — der hat sehr oft im Reichstage und noch oster in den
Zeitungen allerhand erzählt, was namentlich in Südwest-Afrika
und überall da, wo etwas für Südwest-Afrika vorbereitet wurde,
Schlimmes passiert sein sollte. Uebrigens sind solche Sachen, die
man „K o l o n i a l s k a n d a l e" nennt, gar nichts Neues. Früher
ist über Deutsch-Ostafrika ebenso Schlimmes erzählt worden. Und
alle anderen Länder, die auch Kolonien haben, die haben ihre
Kolonialskandale gehabt. Die Franzosen und die Engländer sind
daran schon ganz gewöhnt, und die machen nicht viel Lärm
darüber. Aber bei uns war das was Neues, und da gab es
jedesmal einen furchtbaren Lärm.
Und nun kommt noch dazu, daß viel Unangenehmes über das
Kolonialamt geschrieben worden ist. Denn die Herren, die da im
Kolonialamt angestellt sind, die sind untereinander, wie es
scheint, nicht recht einig gewesen; es ist immer der eine mit dem
andern unzufrieden gewesen. Und das sind nicht bloß Kleinig¬
keiten gewesen, wie sie immer mal vorkommen, wo mehrere Leute
zusammen arbeiten; sondern das sind recht ernstliche Dinge ge¬
wesen, sodaß einige von denen, die da mitarbeiten, es weiter er¬
zählt haben und so weiter erzählt haben, daß es in den Zeitungen
gedruckt werden konnte.
So was tun Beamte nämlich sehr ungern. Beamte halten das
für sehr wenig schön, wenn sie ihre eigenen Kollegen in den Zei¬
tungen schlecht machen. Und wenn sie das tun, dann muß es
schon sehr schlimm gewesen sein. Und das ist auch Wohl so gewesen,
denn manche von den Beamten sind jetzt schon nicht mehr im
Dienst, und gegen einige Unterbeamte wird sogar eine Unter¬
suchung geführt. Das heißt, da hat man Verdacht, daß sie doch
irgend etwas gesagt oder geschrieben haben, was sie als Beamte
nicht hätten sagen oder schreiben dürfen.
Solche schlimmen Streitigkeiten kommen meistens nur dann
vor, wenn das, was alle zusammen ausrichien sollten, nicht rechr
gut ausgerichtet ist. Das ist so ähnlich wie im Kriege. Wenn da
so viele hohe Generäle kommandieren, da geht es auch nicht ganz
ohne Streitigkeiten ab. Und da ist in allen Kriegen, auch in
unseren eigenen Kriegen, viel mehr passiert, als wie wir jemals
erfahren haben. Und etliches haben wir dann schließlich doch er¬
fahren, wenn auch nicht damals durch die Zeitungen, so doch später
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