doch noch mehr Leute zufrieden sind, als man vorher gedacht
hatte.
Der Kaiser hatte gesagt: wenn da ein guter Geschäftsmann
besonders nötig ist, muß eben keiner ernannt werden, der nur
Beamter ist, sondern es muß ein tüchtiger Geschäftsmann, der
wirklich in Handelsgeschäften gearbeitet hat, ernannt werden, und
der muß die Geschichte besorgen. Und so hat er auf einmal einen
Herrn, der niemals Beamter gewesen war,, der immer nur in
Bankgeschäften tätig gewesen war und zule.tzt Bankdirektor der
Darmstädter Bank war, damals zum höchsten Beamten in der
Kolonialabteilung ernannt. Und daraus ist dann später ein wirk¬
liches Neichs-Kolonialamt geworden, denn der neue Direktor
— er hieß Dernburg*) — hat gleich einen so hohen Titel be¬
kommen, daß man ihn Exzellenz anreden mußte, und solche Titel
bekommen meist nur die, die wirklich selber ein Neichsamt zu
leiten haben. Im Reiche gibt es keinen Minister außer dem
Reichskanzler, sondern nur Staatssekretäre, die dem Reichskanzler
zu gehorchen haben, aber sonst ziemlich ebensoviel sind, wie die
Minister in anderen Staaten. Diese Staatssekretäre werden
meistens mit Exzellenz angeredet und solch ein Staatssekretär ist
denn Dernburg auch geworden.
Uebrigens so ganz neu, wie einige Zeitungen schreiben, ist es
nicht, daß ein Bankbeamter oder Bankier Minister wird. Es sind
auch unter dem alten Kaiser Bankiers Minister geworden, näm¬
lich Preußische Finanzminister.
So stand's im Jahre 1906. Später ist dann wirklich ein
Kolonialamt eingerichtet worden, und Dernburg ist der erste
Staatssekretär im Kolonialamt geworden.
Die Reichstagsauflösung
am J3. Dezember $06.
Eine große Menge Weltgeschichte erleben wir doch eigentlich
mit. 1906 haben wir nun auch eine Reichstagsauflösung mit
erlebt. Das ist ein Ereignis, das nicht gerade allzuoft vorkommt,
*) 1910 hat er wieder seinen Abschied genommen-
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