und zu klären, die sprachliche Ausdrucksweise der Kleinen zu reinigen und
zu verbessern, und die dem Lehrer die beste Gelegenheit geben, sich über
den Bildungsstand seiner Zöglinge zu unterrichten, fassen wir mit dem
seit Pestalozzi gebräuchlichen Namen Anschauungsunterricht zu¬
sammen und bezeichnen damit wenigstens den Ausgangspunkt aller jener
unterrichtlichen Tätigkeiten.
Seine Bedeutung für die in die Schule eintretenden Kinder wie für
die übrigen Unterrichtsfächer der Elementarklasse ist eine ebenso große wie
mannigfaltige. Er ist es, der das zu beginnende Bildungswerk an den
jungen Seelen einleitet und die gesamte erste Beschäftigung in sich ver¬
einigt, der die Vermittelung übernimmt zwischen Elternhaus und Schule
und der den Boden für alle übrigen Unterrichtsfächer bearbeitet; denn
alle die zutraulichen Unterhaltungen und Anregungen zum Sprechen, alle
die Übungen im rechten Sehen und Hören, im Malen und Singen, auch
alle die das religiös-sittliche Gefühl belebenden Betrachtungen der ersten
Monate gehören ihm an. Der Anschauungsunterricht ist es, durch den
die Kinder nicht nur mit der neuen Umgebung bekannt gemacht werden
sollen, sondern der ihren Blick auch zu erweitern hat auf die umgebende
Natur und Menschenwelt, der ein gewisses geistiges Band zwischen Familie
und Schule herzustellen und mit der wachsenden Erkenntnis vor allem
die Treude an der Natur zu beleben und zu steigern hat. Tut er dies
in rechter Weise, nämlich so, daß das den Kindern eigene flüchtige Sehen
oder Starren zum interessevollen Anschauen erhoben wird x), daß sich
die Tätigkeit des Schauens, die sich auf alles sinnlich Wahrnehmbare
richtet, soweit steigert, daß die Seele geistige Bilder von allem Wahr-
genonrmenen in möglichster Klarheit und Deutlichkeit entstehen läßt und
festhält, dann erfüllt er seine erste und wicbtiaste Aufaabe: die Übung
im Anschauen und Beobachten und die Bildung von klaren
und deutlichen Vorstellungen. Und sorgt er gleichzeitig dafür, daß
der Gedankenkreis der Kinder durch Hinzufügung manches Neuen vervoll¬
ständigt und über seine Grenzen hinaus erweitert wird, wirkt er also
nicht nur formal, sondern auch material bildend, so schafft er damit
die allerbeste und notwendigste Grundlage für alles Denken und Ver¬
stehen, alle weitere geistige Bildung überhaupt. Obne klare Vorstellunaen
ifft alles Wissen totes Kapital, sind Worte nur leerer Schall, ohne sie
fehlt es zum geistigen Weiterbauen an Material.
Der Anschauungsunterricht hat aber weiter auch dafür Sorge zu tragen,
daß die durch die Sinnestätigkeit gewonnenen Vorstellungen in Worten
dauernd festgehalten werden, daß die Kinder qanze Wort- und damit Ge-
ànkenreihen genau in der ihnen zugeführten Weise als Eigentum behalten,
daß ihr Gedächtnis geübt und gestärkt wird. Auch hat er das rasche
Sicherinnern oder das Zurückrufen ins Bewußtsein der einmal ge¬
wonnenen Eindrücke zu klaren Bildern zu üben, ja auch Erinnerungsbilder
in freier Weise umzuformen und zu neuen Gebilden zusammenzustellen oder
') Burckhardt, Ferd., Psychologische Skizzen zur Einführung in die
Psychologie. 3. unveränd. lTitel-)Aufl. (VI, 319 S.) Löbau 1898, I. G. Walde.
3 Mk. 50 Pf., geb. 4 Mk. 20 Pf. S. 31.