VII.
Von der öffentlichen Prüfung in der
Elementarklaffe.
Äm Schlüsse jedes Schuljahres wird laut Schulgesetz iu jeder Volks-
schule auch in der Elementarklasse eine öffentliche Prüfung abgehalten.
Die Behörde wünscht und möchte dazu anregen, daß alle Eltern daran
teilnehmen, und daß das Interesse für die Schule sich allenthalben hebe.
Auch liegt es im Interesse der Lehrer, wenigstens einmal im Jahre
öffentlich zeigen zu dürfen, welches die Resultate ihrer Mühen sind.
Jeder treue Arbeiter bedarf von Zeit zu Zeit einer Anregung und An¬
erkennung, diese reizt zu neuer Lust, zu neuem Schaffen. Nun ist aber
leider der Besuch der Prüfungen von seiten der Eltern ein sehr un¬
gleicher. In manchen Orten und in manchen Schulen fehlt das Interesse
fast gänzlich, der Prüfungssaal bleibt leer. Teils mangelt es den Eltern
an Zeit, teils an'Verständnis, teils sind Gleichgültigkeit und Abneigung
gegen die Schule und wer weiß welche anderen Gründe die Triebfeder des
Wegbleibens. Das ist tief zu beklagen, und es ist schon vielfach die
Frage erörtert worden, ob es unter den obwaltenden Umstünden nicht
besser sei, die öffentlichen Prüfungen überhaupt wegfallen zu lassen. Wir
sind damit nicht einverstanden. Schule und Haus müssen Fühlung mit¬
einander behalten, und Lehrern und Eltern darf keine Gelegenheit entzogen
werden, sich zu nähern. Zwar sind wir weit entfernt, die Wichtigkeit
und den Wert des Examens überschätzen zu wollen, jedoch ist es zweifel¬
los, daß eine Prüfung rechter Art auch jetzt noch ihre volle Be¬
rechtigung hat. Sollte ein Grund der Gleichgültigkeit der Eltern nicht
auch auf seiten der Schule zu suchen sein? Waren die Examen nicht oft zu
lang, daß die Zuhörer ermüden mußten? Wurde nicht hie und da recht
auffällig viel Sand in die Augen gestreut oder so mangelhafte Resultate
vorgeführt, daß die Zuhörer recht oft unbefriedigt davongingen? Tat
die Schule alles, jederzeit Gerechtigkeit zu säen und Liebe zu ernten, und
zeigte sie den Kindern und Eltern in jeder Beziehung, daß Wohlwollen
all ihr Tun durchglühte? Prüfen wir uns daher zunächst selbst und
sorgen wir dafür, daß sich das Interesse hebe, daß jeder Vater gern
kommt und keine Mutter fehlt. Es muß wieder dahin kommen, daß der
Examentag ein Festtag werde, daß alle Eltern es für eine Ehrensache
ansehen, ins Examen gehen zu müssen, und alle die Ueberzeugung
haben, daß die Prüfung allein für sie, für ihre Kinder, für ihre
Angehörigen abgehalten wird. Darum sei sich jeder Lehrer der Wichtig¬
keit dieser Stunde wohlbewußt, er denke daran, daß es sich hier nicht
um Unterricht, insbesondere nicht um die tägliche, mühevolle Übung