Full text: Bürgerkunde (Teil 2)

1. Das abhängige Handwerk. 
Der Bauernhof als Wirtfchastsgemeinde. 
Zu der Zeit, als unsere Vorfahren zum seßhaften Ackerbau i. 
übergingen, wohnten sie nicht in Einzelfamilien, sondern in Ver¬ 
wandtschaftsgruppen beisammen. Nicht jede Familie wirtschaftete 
für sich; auf einem Hofe oder Gehöfte lebten nicht bloß Vater, 
Mutter und Kinder sondern auch Großeltern, Vettern und Basen, 
kurz die ganze Verwandtschaft. Diese hieß Sippe/) Die ganze 
Sippschaft wirtschaftete als eine große Familie. Sie sorgte dafür, 
daß das, was sie an Nahrung und Kleidung brauchte, vorhanden 
war. — Natürlich Wau der Bauernhof gar sehr von Feinden ver¬ 
schiedenster Art bedroht; die Sippe erfreute sich nicht eines all¬ 
gemeinen Schutzes. (Vergleiche dagegen den Schutz durch den 
heutigen Staat! S. 106 ff.) — Wie aber verschaffte sie sich den Lebens¬ 
unterhalt? Sie schloß, ähnlich wie die Bewohner des Aquariums, 
einen ungesprochenen und ungeschriebenen Vertrag mit der sie 
umgebenden Natur. Niedergeschrieben würde der Vertrag gelautet 
haben: „Der Mensch: Ich Pflege den Acker, die Wiese, den Wald. 
Der Acker: Ich schenke dem Menschen meine Früchte; die Wiese: 
Ich ernähre die Tiere meines Pflegers; der Wald: Ich liefere 
Holz." Sippe und Umgebung waren also gegenseitig voneinander 
abhängig; beide dienten einander. Das Gebiet der Sipp¬ 
schaft ist daher die erste Wirtschaftsgemeinde. 
Der Boden lieferte verhältnismäßig geringen Ertrag. Da¬ 
mit die Sippe, die 30 bis 40 Köpfe zählen konnte, zu leben hatte, 
mußte sie ein ziemlich großes Stück Feld anbauen. 
Zur Bearbeitung des Bodens und zum Bau der Hütte 
waren Werkzeuge notwendig. Wer machte sie der Sippschaft? 
Ihre eigenen Angehörigen, die einige Handgeschicklichkeit besaßen. 
Denn innerhalb der Wirtschaftsgemeinde befand sich kein eigener 
Werkzeugmacher und außerhalb derselben waren oft in weiten: 
Umkreise gar keine menschlichen Siedlungen. Die Werkzeuge wurden 
0 Lippe Verwandtschaft, Ltammgenossenschaft.
	        
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