5. Zinanzea.
Der moderne Staat hat eine Fülle der verschiedenartigsten Auf¬
gaben zu erledigen. Er hat das Reich durch Heer und Marine
nach außen zu schützen und er muß im Inneren für Rechtspflege,
Unterricht, Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit, Verkehrs¬
wesen, Unterhalt der Straßen, Eisenbahnen, Kanäle sorgen. In
immer wachsendem Maße fallen ihm Aufgaben zu, ein Gebiet der
menschlichen Tätigkeit nach dem andern wird an den Staat über¬
tragen, und eine Reihe von Aufgaben, die noch vor wenigen Jahr¬
zehnten in den Händen der Privaten lagen — wie die Versorgung
der Einwohner mit Licht und Wasser, der Betrieb von Straßenbahnen
— liegen jetzt den öffentlichen Gemeinwesen ob. Man hat sich zu
der Anschauung durchgerungen, daß von öffentlichen Körperschaften
jene Aufgaben besser gelöst werden können als von privaten Unter¬
nehmern, weil sie im allgemeinen weniger auf finanziellen Gewinn
zu sehen brauchen und daher eher die Interessen der Allgemein¬
heit wahren können und weil sie auch oft leichter imstande sind,
die enormen Summen aufzubringen, die zur Herstellung solcher An¬
lagen notwendig sind. Man pflegt diese wachsende Übertragung
von Aufgaben an die öffentlichen Körperschaften gelegentlich mit
dem Worte Staatssozialismus zu bezeichnen, wobei man das
Wort Sozialismus (socius — Genosse) im Gegensatz zum privaten
Unternehmer anwendet.
Es ist in jedem Lande verschieden, welche Aufgaben den öffent¬
lichen Körperschaften zugewiesen sind und bis zu welchem Grade.
Während in Deutschland fast das gesamte Unterrichts- und Schul¬
wesen in den Händen der öffentlichen Körperschaften ruht, ist es
z. B. in England noch bis zu einem hohen Maße der privaten
Pflege überlassen. In anderen Ländern, wie in Frankreich und
Nordamerika, liegt die Versorgung der Einwohner mit Wasser und
Gas meistens privaten Betrieben ob.
In Deutschland kommen als öffentliche Körperschaften in
Betracht das Reich, die einzelnen deutschen Bundesstaaten und die