IV. Krieg und Volksernährung 
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stoffe, insbesondere russische Gerste, aufgebaut ist. Das sind in erster Linie 
die beiden unseren Hauxteinfuhrhäfen nahe gelegenen Provinzen Hannover 
und Schleswig-Holstein. Sie sind die beiden schweinereichsten Provinzen 
Preußens. Nach der Viehzählung von: 2. Dezember \y\2 hatte Hannover 
2 8^ 200 und Schleswig-Holstein \ 400 300 Schweine. Da unter den \2 
preußischen Provinzen Schleswig-Holstein die weitaus geringste Kartoffel- 
produktion 3 87t 860 Doppelzentner), die nicht einmal für Saat 
und Speisezwecke ausreicht, und Hannover die viertgeringste 22 7^0^20 
Doppelzentner), die weit zurückbleibt hinter dem Bedarf seines riesigen 
Schweinebestandes, aufweisen, so haben beide Provinzen in Angebot und 
Nachfrage von Kartoffeln das größte Mißverhältnis aufzuweisen. Russische 
Futtergerste und einheimische Kartoffel versagen, und daher ist in ihnen 
die Versuchung, Brotgetreide zu verfüttern, am stärksten. An dritter Stelle 
steht Westfalen, das in seinem Schweinebestand (\ 307 400) Schleswig- 
Holstein nahekommt und in seiner Kartoffelernte H5 738 830 Doppel- 
zentner) noch hinter Hannover zurückbleibt. In diesen drei Provinzen hat 
die Verfütterung von Brotgetreide am frühesten eingesetzt; sie hat aber auch 
sonst sich stärker als in Friedenszeiten gezeigt und weiter wachsend sind 
Kräfte tätig, sie noch beträchtlich zu steigern, zumal da mit dem beginnenden 
Winter die Grünfütterung fast allgemein fortfällt. So vergrößert der 
Futtermangel den allein für sich wenig bedeutsamen Ausfall an Brot¬ 
getreide. 
Zwischen beiden Nahrungsstoffen besteht noch ein zweiter Zusammen¬ 
hang. Der Ausfall an Futterstoffen und die Steigerung ihrer preise ist 
nämlich so groß, daß die Aufrechterhaltung unseres Viehbestandes auch bei 
der unerwünschten Heranziehung von Brotgetreide unmöglich wäre, und 
noch weniger läßt es sich natürlich vermeiden, daß vor allem Schweine, 
ehe sie ausgemästet sind, geschlachtet werden, wenn die Verfütterung 
von Roggen und Weizen verhindert wird. Der Schweinebestand 
wird aber, wie oben schon dargelegt wurde, fast ganz während 
eines Jahres umgeschlagen. Von den ^75 759 Schweinen, die in 
Preußen am 2. Dezember t9l2 gezählt wurden, waren nur 2 t95 3\7 
ein Jahr alt und älter. In der Schweinezucht haben wir es daher im Gegen¬ 
satz zur Rindviehzucht, in der die mehrjährigen Tiere vorherrschen, gewisser¬ 
maßen nur mit einem Jahreseinkommen an Fleisch, nicht mit einem an¬ 
gesammelten Vermögen von Fleisch zu tun. Es muß deshalb bei dieser 
wichtigsten Fleischnahrung unseres Volkes im Laufe einiger Monate ein 
verringertes Angebot eintreten. Je mehr aber das Angebot an tierischen 
Nahrungsmitteln sinkt, um so mehr steigt natürlich die Nachfrage nach pflanz¬ 
lichen Nahrungsmitteln, also in erster Linie nach Brotgetreide. Auch da¬ 
mit gewinnt der an sich nicht sehr beträchtliche Ausfall an Weizen und Roggen 
eine gesteigerte Bedeutung, wer die Ziffern des Brotgetreides für sich 
allein betrachtet, muß zu schlimmen Trugschlüssen gelangen. 
Es kommt aber weiter zum Ausfall an Einfuhr auch ein Ausfall an 
Ernte hinzu. Es betrug nämlich in Preußen nach der Statistischen Korre¬ 
spondenz
	        
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