Zimmerinann
2^
und man wußte nicht, wohin mit den Leichen." Ganz ähnlich wie die Not
der Ostpreußen war diejenige der Oberelsässer und der Reichsdeutschen,
die in den ersten Kriegswochen aus Belgien, in den späteren aus England
und aus den Gefangenenlagern Frankreichs und Rußlands fast durchweg
völlig mittellos in die Heimat zurückkehrten. Schon die Trennung von
Paus und pof, von Wohnung und Eigentum fordert von solchen Flücht¬
lingen unsagbare Opfer. Wenn dazu die äußere Not kommt, wie sie eben
geschildert, wenn die Rinder, von den Eltern in der Aufregung verloren,
die halberwachsenen Burschen und Mädchen, sich selbst überlassen, in fremder
Gegend zerstreut umherirren — welche entsetzliche Not! woher kam Pilse?
B. Die AriegshiLfe des Staates.
Als die denkwürdige Reichstagssitzung am 4. August in Berlin statt¬
fand und die völlige Einigkeit aller Parteien zur Stunde der Gefahr so
glänzend offenbarte, da trat auch zugleich der Wille des Staates, in jeder
Beziehung Kriegshilfe zu leisten, deutlich ins Licht. Die sämtlichen siebzehn
vom Bundesrat vorgelegten und vom Reichstag einstimmig angenommenen
Gesetze sind ja Kriegshilfsgesetze, durch die nicht nur das nötige Geld für
gute Versorgung der Truppen im Felde und in den Lazaretten beschafft,
sondern auch der notwendige Schutz ihrer Rechte, die wahrzunehmen sie
durch den Krieg verhindert sind, sowie die Fürsorge für ihre Angehörigen
daheim und alle sonstigen Personen, die durch den Krieg in Not geraten,
gesichert wurde. Welche wesentliche Kriegshilfe bringt das Gesetz, das
die Erhaltung von Anwartschaften aus der Krankenversicherung für die Ein¬
berufenen regelt, oder das andere, das die Leistungsfähigkeit der Krankenkassen
sichert. Welche unerwartete Kriegshilfe erfahren die Angehörigen der Kriegs¬
teilnehmer durch die Änderung des Gesetzes vom 28. Februar \888, be¬
treffend die Unterstützung von Familien in den Dienst getretener Mann¬
schaften, demzufolge die Unterstützungssätze wesentlich erhöht worden sind
(die Beträge s. S. ^3; die Texte der Kriegsgesetze bei Iastrow a. a. O.).
Man lese die Abhandlung „Krieg und Recht" auf diesen Gesichtspunkt der
staatlichen Kriegshilfe hin noch einmal durch und man wird finden, daß sich
der schön in der sozialen Gesetzgebung seit ^88bekundete soziale Sinn der
Regierung auch hier im Kriegsfälle zum Wöhle der Gesamtheit wie des
einzelnen bewährt hat.
Nicht weniger als 5 Millionen Mark hat die Versicherungsanstalt
Berlin für die notleidenden Versicherten bereitgestellt, um damit die Ar¬
beitslosenunterstützung zu erhöhen. Und die jüngste der sozialen staat¬
lichen Einrichtungen, die Angestelltenversicherung, will sich mit
jo Millionen Mark an der Kriegsfürsorge beteiligen. Die Not der
Arbeitslosigkeit zu bannen, sind die Staatsbehörden von Anfang an
ernstlich bemüht gewesen. Das zeigt die neu gegründete Reichszentrale
der Arbeitsnachweise (Berlin, Wilhelmstr. 74. — 5. U7). Das zeigt der
Erlaß des Ministers des Innern vom 28. August sowie die Denkschrift, die
auf Grund von Beratungen der Reichsämter und preußischen Ministerien