X. Der Krieg und die jugendlichen
273
4. Die erziehlichen Aufgaben der Fortbildungsschule, insbesondere
die Erziehung zürn Gehorsam und zur freiwilligen Lin- und Unterordnung,
zur Selbstbeherrschung und zu treuer Pflichterfüllung gewinnen durch den
Krieg und seine Folgeerscheinungen erhöhte Bedeutung. Leichter als in
der ^riedenszeit wird es werden, den Schülern wirkungsvolle Beispiele vor
die Seele zu stellen. Alle Berichte von den Kriegsschauplätzen können hierzu
ausgenutzt werden. Unsere Schüler sind fähig zu verstehen, daß die großen
Erfolge unserer Truppen nur möglich geworden sind durch die strenge Schule
unseres Militarismus und daß die deutsche Schule diesen Geist wie bisher
zu pflegen hat. Sie vermögen auch zu erkennen, daß die nrilitärifchen
Tugenden für die Ausübung der Berufstätigkeit von hohem Werte sind. Sie
sind reif genug für die Einsicht, daß die „Disziplin" für uns Deutsche selbst¬
verständlich ist und daß daraus die Selbstdisziplin erwächst, die uns groß und
tüchtig gemacht hat. So findet die Schuldisziplin aus dem Kriege heraus
eine auch dem Schüler einleuchtende Begründung.
6. Auch Gegenbeispiele zu moralpädagogischen probiernen
rückt der Krieg unsern Schülern täglich vor die Seele. Sie lesen von den
Lügen, die im feindlichen Ausland über das deutsche Volk und besonders
über unsere Soldaten verbreitet werden, und entrüsten sich über die
niedrige Gesinnung, die sich darin offenbart. Ein Recht zu dieser
Gefühlsftimmung hat aber nur der, der sich von Lüge, Verdächtigung
und Verleumdung fernhält. Es bedarf keiner großen pädagogischen
Kunst, den Schülern mit diesen Beispielen die Mahnung zu konsequenter
Wahrhaftigkeit in die Seele zu pflanzen. — Auch die überaus traurigen
Gegenstücke der Vaterlandsliebe, die Beispiele von schändlichem Ver¬
rat, lassen sich in eindrucksvoller weise den Schülern zürn Bewußt¬
sein bringen, wir zeigen am Schandpfahl die wetterlch Blumenthal,
Eollin und die andern, von denen die Pochverrats- und Landesverrats¬
prozesse berichten. — Am Schandpfahl stehen auch die Ungetreuen, die
Liebesgabenpakete unterschlagen oder geplündert haben! — Manche jugend¬
lichen Arbeiter werden jetzt in Stellungen gerufen, die vorher von eingearbei¬
teten und treuen Arbeitern verwaltet wurden; großes Vertrauen wird ihnen
entgegengebracht, wir wollen ihnen beistehen, daß sie vor dem Schandpfahl
bewahrt bleiben.
6. Unsere Schüler erhalten und lesen auch die in der Tagespresse ver¬
öffentlichten Feldpostbriefe. Die mannigfachsten Eindrücke stürmen aus
diesen Briefen auf sie ein; denn verschieden an Gesinnung und Lebensauf¬
fassung sind die Briefschreiber und ebenso ihre Erlebnisse. Eine Gruppe
von Briefen wird die jugendlichen Leser am wenigsten nachhaltig beschäftigen:
die Briefe ernsten jnhalts, sofern es nicht Briefe der eignen Ange-
hörigen sind. Der leicht bewegliche jugendliche Sinn macht diese Erscheinung
erklärlich, wir sind es aber unsern Schülern und unserm Vaterlande schuldig,
jede Gelegenheit zu innerer Sammlung und zu ernster Selbst¬
besinnung zu benutzen. Am besten eignen sich hierzu Feldpostbriefe, je
schlichter und einfacher sie sind, desto besser ihre Wirkung, jch füge als Bei¬
spiel eine Stelle eines Briefes an, den ich von meinem Sohne im September
Staatsbürger!. Belehrungen in der Kriegszeit.