- 363 _ — 
Arbeiten in erster Linie. Er erhob seine Wirtschaft immer mehr zn 
einer Musterwirtschaft, veredelte die Schafzucht, so daß ebenso seine 
Schäferei bald ein Muster wurde, und erhielt auch, unterstützt von 
seinem tüchtigen Gehilfen Koppe, seine Lehranstalt. Diese wurde 
1810 vom Staate übernommen und mit der Universität Berlin in 
Verbindung gesetzt, in welcher Thaer außerordentlicher Professor wurde. 
Er lehrte als solcher im Winter in Berlin, im Sommer in Möglin und 
hat dadurch viel Segen gestiftet. 1819 aber legte er die Profeftur 
nieder, übergab seinem Sohne die Leitung der Wirtschaft und widmete 
sich nur der landwirtschaftlichen Schule, welche nun den Namen einer 
königlichen akademischen Lehranstalt erhielt. 
Die Hauptaufgabe der Landwirtschaft sah Thaer darin, den Boden 
zum höchsten Ertrage zu bringen und ihm die durch den Pflanzen- 
wuchs entzogenen Nahrungsteile schnell wieder zuzuführen. Das ist im 
allgemeinen nur möglich, wenn der Boden und der Landwirt so frei 
als möglich sind von allen die Wirtschaft hindernden Belästigungen. 
Für den einzelnen Landwirt ist sodann nötig, daß er genau rechne, 
um sich einen richtigen Einblick in seine ganze Wirtschaft zu verschaffen. 
Erst dadurch lernt er den Wert der Arbeit und der Erzeugnisse, die 
Vorteile neuer oder alter Einrichtungen und die Notwendigkeit von 
Verbesserungen genau abwägen. Um sich aber stets über den Stand 
des Betriebes und über dessen Erfolge klar zu werden, ist die stete 
Führung eines Tagebuches nötig. „Ohne Tagebuch," sagt er, „kann 
keiner sich mit Sicherheit über den Schlendrian erheben, keine all¬ 
mählichen festen Fortschritte machen, sich selbst und andern keine 
Rechenschaft ablegen, ob er in der nachhaltigen Verbesserung seiner 
Wirtschaft vorwärts gekommen ist oder nicht. Er wird sich keine 
wahre Erfahrung sammeln, sondern nur Meinungen über dieses und 
jenes annehmen und zwischen solchen hin- und herschwanken." 
Als Mitglied des Staatsrates nahm Thaer regen Anteil an der 
Gesetzgebung im allgemeinen, immer aber blieb er in erster Linie Land¬ 
wirt. Er drang mit Scharfsinn in alle Teile dieses Berufes ein und 
setzte klare Grundsätze an die Stelle schwankender Meinungen. Sein 
Hauptwerk: „Grundsätze der rationellen Landwirtschaft", das sich über 
ganz Europa verbreitete, ist die Grundlage unserer neueren Landwirt¬ 
schaft geworden und hat eine völlige Umgestaltung der früheren Zu¬ 
stände bewirkt. Es nimmt uns darum nicht wunder, daß sein fünfzig¬ 
jähriges Doktorjubiläum 1825 ihm die schönsten Ehren brachte. Sein 
König schrieb ihm einen eigenhändigen Glückwunsch; vier deutsche 
Fürsten ehrten ihn mit Orden; Abgesandte der Bauern dankten ihm 
für die ihrem Stande geleisteten Dienste. 
Noch vier Jahre lebte Thaer nach diesem Jubelfeste, aber gedrückt
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.