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Arbeiten in erster Linie. Er erhob seine Wirtschaft immer mehr zn
einer Musterwirtschaft, veredelte die Schafzucht, so daß ebenso seine
Schäferei bald ein Muster wurde, und erhielt auch, unterstützt von
seinem tüchtigen Gehilfen Koppe, seine Lehranstalt. Diese wurde
1810 vom Staate übernommen und mit der Universität Berlin in
Verbindung gesetzt, in welcher Thaer außerordentlicher Professor wurde.
Er lehrte als solcher im Winter in Berlin, im Sommer in Möglin und
hat dadurch viel Segen gestiftet. 1819 aber legte er die Profeftur
nieder, übergab seinem Sohne die Leitung der Wirtschaft und widmete
sich nur der landwirtschaftlichen Schule, welche nun den Namen einer
königlichen akademischen Lehranstalt erhielt.
Die Hauptaufgabe der Landwirtschaft sah Thaer darin, den Boden
zum höchsten Ertrage zu bringen und ihm die durch den Pflanzen-
wuchs entzogenen Nahrungsteile schnell wieder zuzuführen. Das ist im
allgemeinen nur möglich, wenn der Boden und der Landwirt so frei
als möglich sind von allen die Wirtschaft hindernden Belästigungen.
Für den einzelnen Landwirt ist sodann nötig, daß er genau rechne,
um sich einen richtigen Einblick in seine ganze Wirtschaft zu verschaffen.
Erst dadurch lernt er den Wert der Arbeit und der Erzeugnisse, die
Vorteile neuer oder alter Einrichtungen und die Notwendigkeit von
Verbesserungen genau abwägen. Um sich aber stets über den Stand
des Betriebes und über dessen Erfolge klar zu werden, ist die stete
Führung eines Tagebuches nötig. „Ohne Tagebuch," sagt er, „kann
keiner sich mit Sicherheit über den Schlendrian erheben, keine all¬
mählichen festen Fortschritte machen, sich selbst und andern keine
Rechenschaft ablegen, ob er in der nachhaltigen Verbesserung seiner
Wirtschaft vorwärts gekommen ist oder nicht. Er wird sich keine
wahre Erfahrung sammeln, sondern nur Meinungen über dieses und
jenes annehmen und zwischen solchen hin- und herschwanken."
Als Mitglied des Staatsrates nahm Thaer regen Anteil an der
Gesetzgebung im allgemeinen, immer aber blieb er in erster Linie Land¬
wirt. Er drang mit Scharfsinn in alle Teile dieses Berufes ein und
setzte klare Grundsätze an die Stelle schwankender Meinungen. Sein
Hauptwerk: „Grundsätze der rationellen Landwirtschaft", das sich über
ganz Europa verbreitete, ist die Grundlage unserer neueren Landwirt¬
schaft geworden und hat eine völlige Umgestaltung der früheren Zu¬
stände bewirkt. Es nimmt uns darum nicht wunder, daß sein fünfzig¬
jähriges Doktorjubiläum 1825 ihm die schönsten Ehren brachte. Sein
König schrieb ihm einen eigenhändigen Glückwunsch; vier deutsche
Fürsten ehrten ihn mit Orden; Abgesandte der Bauern dankten ihm
für die ihrem Stande geleisteten Dienste.
Noch vier Jahre lebte Thaer nach diesem Jubelfeste, aber gedrückt