Full text: [2 (Mittlere Lehrstufe)] (2 (Mittlere Lehrstufe))

Die Theater der alten Griechen. 
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50. Die Theater der alten Griechen. 
Die Theater der alten Griechen waren sehr groß und ohne Dach, da 
man nur am Tage Vorstellungen gab. Sie waren darauf berechnet, die 
ganze männliche Bevölkerung einer Stadt und der Umgegend aufzunehmen. 
Das Theater in Athen faßte dreißigtausend Menschen, das in Megalöpolis 
sogar vierzigtausend. Die theatralischen Aufführungen waren aber nicht 
bloß zur Ergötzung und Unterhaltung des Volkes bestimmt, sondern dienten 
auch zugleich religiösen Zwecken, indem sie die Feste der Götter verherrlichen 
und verschönern halfen; sie wirkten ferner auf die Volksbildung, erweckten 
den Gemeinsinn und befestigten den Geschmack und das feinere Kunsturteil. 
Daher scheute der Staat keine Opfer bei den Aufführungen. Den Zu¬ 
schauern waren die theatralischen Spiele die schönsten Feste, und dem Dichter 
die Tage, an welchen seine Dichtungen den Preis davontrugen, die höchsten 
Ehrentage. In aller Frühe wurde mit reichen Opfern und feierlichen 
Umzügen und Gebeten das Theater geweiht, und mit Sonnenaufgang 
begannen unter dem süßen Dufte des feierlichen Opferdampfes die Auf¬ 
führungen. Mit andächtigem, festlich erhobenem Sinne, in Feiergewändern 
und mit bekränztem Haupte schaute man zu. Das Gebäude des Theaters 
war heilig wie ein Tempel. 
Dieses bestand aus drei Hauptteilen, aus dem Zuschauerplatz, aus 
der Bühne, welche den Sitzen der Zuschauer natürlich gegenüber lag, und 
aus der zwischen jenen beiden Teilen befindlichen Orchestra. Die Schau¬ 
sitze bildeten über einander herlaufende, immer größer und größer werdende 
Kreisbogen. Sie reichten mit ihren Enden bis an die Bühne und schlossen 
mit dieser die Orchestra ein. Da man die Theater gern an dem Abhange 
eines Hügels erbaute, so waren die Sitzreihen zum großen Teil aus dem 
natürlichen Boden herausgearbeitet. War der Abhang ein Fels, so wurden 
sie vollständig darin ausgehauen und bei minder guter Beschaffenheit des 
Bodens mit Marmor bekleidet; bestand dagegen der Abhang nur aus einer 
gewöhnlichen Erdart, so wurde er bis zur notwendigen Tiefe ausgegraben, 
und die Sitze wurden alsdann von Steinen aufgeführt. 
Die staffelförmige Anlage der Sitze, welche in immer weiter schweifen¬ 
den Bogen hintereinander aufstiegen, machte es möglich, daß die Zuschauer 
alles gut sehen und hören konnten. In kleineren Theatern bildeten die 
Sitzstufen nur ein einziges Stockwerk; in größeren dagegen waren sie 
durch einen oder auch durch zwei breite Gänge, welche mit den Sitzreihen 
parallel von dem einen Ende des Kreisbogens bis zum andern liefen, in 
einzelne Abteilungen oder Stockwerke geteilt. Ein jedes Stockwerk wurde 
dann wieder durch mehrere Treppen, die von der untersten bis zur obersten 
Sitzreihe strahlenförmig aufstiegen und die Kreisbogen wie Halbmesser 
teilten, in einzelne keilförmige Abschnitte zerschnitten. Von den Sitzstufen 
diente die vordere Hälfte zum Sitzen, die hintere, etwas vertiefte war für 
die Füße der höher Sitzenden bestimmt. Neben der unteren Sitzreihe lief 
gewöhnlich ein erhöhter Gang um die Orchestra. Zu ihren Sitzen ge¬ 
langten die Zuschauer entweder von oben durch die in der Umschließungs- 
Kehrern, Lesebuch. II. 9
	        
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