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Das junge Deutschland. Die Zeit der Reife.
— Ja, erhabenster Herr, die Zeit drängt, die Gefahr drängt — und beide und
die Wünsche, Gebete und Hoffnungen der Besten drängen auf den leuchtenden
Glanzpunkt des Vaterlandes, auf Preußen und seinen Herrscher ein und werden
noch mehr drängen.
5 Doch halt, der Gedanke an den Flug des alten preußischen Adlers reißt den
Warmen fort. — Ich will versuchen, kühl mit kühlsten Gedanken zu sprechen.
Ew. Majestät haben sich aus der Fülle der Macht und aus Überzeugung
einer unvermeidlichen Notwendigkeit für einen ehrlichen, starken deutschen Bundes¬
staat statt des unehrlichen und schwächlichen früheren Staatenbundes erklärt; Sie
10 haben gelobt, alle Ihre Macht und alle Stärke Ihres Volkes der Stärke und Macht
Deutschlands hinzugeben. — Deutschland hat diesem Worte geglaubt.
Sie werden es nimmer brechen. Dieses königliche Wort, die starke Bildung
dieses Bundes, welche Preußen und Deutschland in eins verwandelt, ist die einzige
Möglichkeit, die Ehren und Herrlichkeiten des Vaterlandes und das Dasein der
i5 deutschen Könige, Fürsten und Freistaaten für die Zukunft zu retten. Die Fest¬
haltung dieses großen Wortes, die wirkliche Gründung und Bildung dieses Bundes¬
staates, die Erkühnung und übernehmung jeglicher Gefahr für denselben wird vor
allen andern dem Könige von Preußen, dem Herrlichsten und Gewaltigsten im
Vaterlande, zugemutet, und alle, die von Gott nicht mit Blindheit geschlagen sind,
2o können in dem Könige von Preußen nur den Halter und Retter Deutschlands und
seinen künftigen Herrn sehen. — Nun kommt, wie eben der Tag steht, Östreich,
welches Deutschlands Ehre und Macht drei Jahrhunderte verzettelt und verschleppt
hat, mit seinen alten Listen heran und will es wieder ins Schlepptau nehmen.
Es schleicht und windet sich unter uns, und auch hier in dieser Reichsversammlung,
25 wie eine Blindschleiche und sammelt eine Menge kleiner Schlangen um sich, ja selbst
— zum Zeichen, was es will, nämlich schwächen und verwirren — alles radikale
und sozialistische und kommunistische Ungeziefer, die nur eine schwache und elende
Regierung, ein wacklichtes Direktorium vieler usw. wollen, bei dessen Entstehung
und Leitung die rote Republik endlich eine Unvermeidlichkeit sein würde. —
so So zettelt und ködert Östreich mit allen seinen Lockvögeln, deren seine gerührige
Tätigkeit viele zu fangen und abzurichten verstanden hat, zu dem alten Staaten¬
bunde zurück; sucht alles zu verwirren, entzweien und zu verschleppen und zettelt
draußen und drinnen mit den Kabinetten. — O die armen deutschen Könige und
Fürsten, die sich von seinen Künsten und Zuflüsterungen erschrecken und betören
35 lassen, wissen nicht, was sie tunl Wenn sie nicht Starkes machen Helsen, wenn sie
nicht einen starken Kaiser neben und über sich machen, so wird der rote Abgrund
sie unvermeidlich verschlingen!
Ja, erhabenster König und Herr! Groß ist die Gefahr des Augenblicks, aber
herrlich ist auch der Preis, der dem Mute winkt. Dir bleibt keine Mitte mehr:
40 wage, voll und ganz deutsch zu sein; wage, Retter und Halter des deutschen Vater¬
landes zu werden; wage, alle seine Gefahren zu teilen, zu nehmen und zu über¬
nehmen; wage, ganz mit dem Vaterlande zu stehen, und Du wirst stehen und bestehen.
Mit diesem Mut, mit seinem Mut, wodurch Dein Vater weiland aus schwersten
Nöten und Gefahren errettet und zu Glanz und Ruhm wieder aufgerichtet ist,
45 segne Dich Gott! In diesem königlichen Mute halte fest an Deinem königlichen
Wort und kühnen Entschlüssen! Jedes Weichen wäre Verderben. Mut und Hoch¬
herzigkeit und die stolze, jeder Gefahr die leuchtende Stirn bietende Majestät wird
Deine eigenen Getreuen ermutigen und stärken bis in den Tod und Dir die Herzen
der Völker Deutschlands gewinnen! In der Größe des Kühnen, in dem Glanze