Full text: Deutsche Dichtung im Mittelalter (Abt. 1)

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Die erst, s c h e 1. 
Die erst schel ist: vil bûcher zuo sammen # bringen vmb weltliches 
ruomes vnd vppiger eer willen vnd darin glorieren wie im andern haussrat. 
Einer, der glori vnd eer wil haben von den büchern, der muoss nit allein 
bûcher hon, aber sie kennen vnd sie zno bruochen wissen; er muoss sie 
nicht in die libery an kettenen legen, aber in sein memory; er muoss sie 
in sein hirn beschließen, nicht in das kensterlinx) ; sunst so wer ein trog 
oder kensterlin, da vil bûcher in weren, eerlicher den du. Es ist wol dir 
ein schand, o nar, wan du hast vil gefangen an kettenen oder sunst ein¬ 
geschlossen; wen sie ledig weren vnd künten reden, so würden sie dich an 
dem rechten verclagen, das man dich kerkeren soit vnd türnen2). 0 wie vil 
seint Studenten, die heimlich clagen vnd weinen, das sie ir mangeln! also 
das vil war ist, das dick ein geitziger hat allein, des vil mangeln müssen 
(sæpe unus iners affluit avarus, quibus multi egent studiosi). 
Wem soi ich semlich3) gehübt narren gleichen, die glorieren in vil 
büchern ? Zuo dem ersten so gleich ich sie Sabino, von dem Seneca schreibt : 
derselbige Sabinus hat geren knecht vnd eigen lüt, die gelert waren ; er wolt 
ir eer hon. Also hastu geren vil bûcher, da du kunnst innen ston, vnd 
bistu ein baretlis nar. vil nerscher den Sabinus, wan die gelerten knecht 
gehörten im zuo vnd waren sein, aber die bûcher seint frembd, gond dich 
nichts an. Es seint etlich, man sag wa von man wöl, so sprechen sie: das 
buoch hab ich daheim uff meinen schaff1) liegen, vnd wenen, sie künnen es 
ietz, dammb das sie es in dem buoch haben. 
Wem soi ich sie mer gleichen? Einem essel, der fol lauten oder 
harpffen hanget, vnd rüret doch kein seiten an. Der essel bedüt den doctor, 
den gehübten narren ; die lauten oder harpffen sein bûcher ; sich die figur 
an in dem narren schiff, so findestu sie also gemalet. Sie haben nüt von 
dem doctorat dan die cleidung vnd den namen, das baret vnd die bûcher, 
aber von der kunst vnd tugent eines doctors da haben sie nichts von. Es 
seint etlich derselben baretlis narren, die her gond gleich als lantzknecht 
mit iren bareten; sie setzen es uff ein seiten, uff ein or, vnd zuo halber 
Stirnen, vergessen irer Würdigkeit; darumb so werden‘sie verachtet von den 
leien, spotten ir, vnd geben inen namen, sprechen: da kumpt ein gehabter, 
die gehübten haben huben uff gleich wie die sperwer, dem setzt man einen 
huben uff, das er nicht geselle. Also fürwar seint disse doctores blinde, 
wan man halt sie für witzig und gelert, und wissen nichts; so verloren sie 
sich selber vnd andere lût, betriegen sich und andere. 
Disse schar der doctores sollen billig den fortanz haben und die ersten 
sein. Wiltu -aber sehen, wie sie unser Brant brent vnd sie mit zeichen betütet, 
lis das erst capitel Brants in dem narren schiff, so findestu es. Da hat 
doctor Sebastianus Brant von dem not wegen sich inen zuo gesellet, wan die 
geschritt sagt: der gerecht verclaget sich zu dem ersten. Also hastu die 
erst vnd fürnemeste schel. 
*) Wandschrank. — 2) in den Tnnn setzen. — 3) solch. — *) Schrank, Gestell.
	        
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