Full text: Deutsche Lyrik des 19. Jahrhunderts

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Viktor von Scheffel. 
Und als wir kamen zum Dreiherr ensteine, 
Briet schon am Spieß das Reh, das wir erlegt, 
Am Steintisch ward im traulichen Vereine 
Jni Namen der drei Herrn des Mahls gepflegt, 
Und da geschah, nach Brauch der Nachbarmärker, 
Daß jeder Gast aus eigner Hoheit saß 
Und doch der Thüring und der Henneberger 
Mit dem von Fuld aus einer Schüssel aß. 
„In strengen Rechten Nachbarschaft und Frieden!" 
So ward's durch dieses Sinnbild uns beschieden. 
Viel Volks war unsrer Mahlzeit zugelaufen, 
Als wär's ein heidnisch Götzen-Opfersest, 
Sie lagerten im Gras in bunten Hausen 
Und schmausten des gebratnen Rehbocks Rest. 
Und mit dem Handschuh winkt' ich sie zum Kreise: 
„Als wär zur Stund ein Waldgericht gehegt, 
Sei jedem jetzt nach Waidmannszeugnisweise 
Des Tags Bedeut sein Lebtag eingeprägt! 
Wir Förster schreiben ungern mit der Feder, 
Doch unsere Zeichenschrift versteht ein jeder." 
. . Die Knaben zupft ich weidlich an den Ohren, 
Den. Mannen fuhr ich raufend durch den Bart 
.Und sprach: „Nun merkt, als sei es frisch beschworen, 
Wie hier der Rennstieg frisch bestätigt ward! 
Doch merket auch, daß, wie wir drei in Frieden 
Am gleichen Stein das gleiche Mahl verzehrt, 
Ihr drüben, wie wir hüben, ungeschieden 
Dem gleichen Volk als Brüder angehört: 
Ein Deutschland nährt den Thüring, Hassen, Franken, 
Und echter Liebe setzt kein Markstein Schranken!" 
Dörxertanzreigen. 
Zu Ehren Heinrichs von Ofterdingen gedichtet. 
„Ich versihe mich niuwer maere. 
Uns kamt der Stiuraere!" 
Kunech Luarin. V. 80. 
Den Finken des Waldes die Nachtigall ruft: 
„Von Geigenstrich schallt es goldrein durch die Luft, 
Ihr Zwitschrer, ihr Schreier, nun spart den Diskant, 
Der Heini von Steter ist wieder im Land!"
	        
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