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foehrhaffe Dichtkunst
66. Winsbeke1).
(Anfang des 13. Jahrhunderts.)
Ratschläge eines Ritters an seinen §ohn.
1. Lin wîser man hete einen
sun,
der was im liep als manger ist.
den wolte er leren rehte tuon
und sprach also : ‘min sun, dubist
mir liep âne allen valschen list2).
bin ich dir liep sam du mir,
so volge mir ze dirre vrist,
die wile ich lebe; ez, ist dir guot:
ob dich ein vrömder ziehen3)
soi,
dû weist niht, wie er ist ge-
muot4).
2. Sun, merke,wie da^kerzen
(3) lieht,
die wile e^ brinnet, swindetgar:
geloube, daç dir sam geschiht
von tage ze tage; ich sage dir
wär.
des nim in dinen sinnen war
und rihte hie din leben also,
daç dort dîn sele wol gevar.
swie hoch an guote wirt dîn
name,
dir volget niht wan also vil :
ein lînîn tuoch vür dîne schäme.
3. Sun, swer bi dir ein maere
(10) sage,
mit Worten ims5) niht under-
brich,
undswerdirsinenkumber klage
in schäme6), über den erbarme
dich:
der milte got erbarmet sich
über alle, die erbarmic sint.
den wiben allen schone sprich7):
ist under in einiu sseiden vri8),
da bi sint tüsent oder mer,
den tugent und ere wonet bi.
4. Sun, wiltü zieren dinen lip,
(11)
so da^ er si unvuoge9) gram,
so minne und ere guotiu wip:
ir tugent uns ie von sorgen nam.
si sint wurme ein bernder10)
stam,
da von wir alle sin geborn,
er hat niht zuht noch rehter
scharn,
der da^ erkennet niht an in;
der muo? der tören einer sin,
und11) hete er Salomönes sin.
1) bayrischer Ritter von „Winsbach“ (bei Heilsbronn an der Rezat). —
Text nach der Ausgabe von Albert Leitzmann, Halle, Niemeyer 1888. —
vgl. die Charakteristik des Winsbeke bei Gervinus, Geschichte der deut¬
schen Dichtung, 5. Ausl. 2,2. — 2) aufrichtig lieb. — 3) erziehen. — 4) ge¬
sinnt. — 5) im es (Gen.) niht. — 6) Schamhaftigkeit. — 7) sprich freundlich
von den Frauen. — 8) sseiden vri: (Glückes frei) heillos, verderbt, nicht
wohlgeartet. — 9) Dat. — 10) s. bern. — n) selbst wenn er.