Full text: [Abt. 8 = Für Prima] (Abt. 8 = Für Prima)

Becker: Die allgemeine Schwere. 
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von Cambridge einer verheerenden Seuche wegen nach der Heimat Wools- 
thorpe geflohen war und dort im elterlichen Garten einsam unter einem 
Baume saß, soll der Fall eines Apfels sein Nachdenken über die Ursache 
des Fallens aller frei gelassenen Körper erregt haben. Wie dem auch sei, 
ob Wahrheit oder Dichtung, so viel steht fest, daß Newton um jene Zeit 
sich in Betrachtungen über die Bewegung der Körper auf der Erde unb 
im Himmelsraum erging. In dem freien Fall an der Erdoberfläche hatte 
man die Wirkung einer Kraft kennen gelernt, welcher alle Körper in gleicher 
Weise gehorchten. Galilei hatte durch theoretische Untersuchungen und auf 
experimentellem Wege gezeigt, daß jeder Körper, mochte er groß oder klein, 
schwer oder leicht sein, wofern man nur von dem Widerstand der Luft 
absieht, in der Richtung nach dem Mittelpunkt der Erde gleich schnell fällt, 
daß die Geschwindigkeit, welche er nach einer gewissen Zeit erlangt hat, 
dieser selbst und der durchlaufene Raum dem Quadrat der Zeit proportional 
ist. Wo man sich auch auf der Erde befand, in der Ebene oder auf den 
höchsten Bergen, diese irdische Schwerkraft wirkte in gleicher Weise, und so¬ 
weit man es bei dem damaligen Mangel an genaueren numerischen Be¬ 
stimmungen beurteilen konnte, ohne merkliche Abnahme ihrer Intensität. 
Ja, so war der Gedankengang bei Newton, es ließ sich hiernach vermuten, 
daß sie sich selbst bis an den Mond und noch weiter in den unendlichen 
Raum erstreckte. War aber diese Voraussetzung richtig, konnte dann nicht 
dieselbe anziehende Kraft der Erde, welche den Stein und die Schneeflocke 
auf sie niederzufallen zwingt, auch den Mond in seiner Bahn erhalten und 
ihn verhindern, in gerader Linie wegzufliegen, wie er es unstreitig tun 
müßte, wenn er nicht in jedem Augenblick zurückgezogen würde? Die Größe 
der Kraft, die erfordert wird, um den Mond in seiner Bahn zu erhalten, 
konnte nach den von dem Holländer Huyghens gefundenen Gesetzen der 
Schwungbewegung aus der Umlaufszeit und Entfernung des Mondes ab¬ 
geleitet werden, die Intensität der Schwerkraft an der Erdoberfläche war 
experimentell bestimmt; die Vergleichung beider mußte die Frage entscheiden. 
Nur eins war noch erforderlich, die Kenntnis des Verhältnisses, in welchem 
die anziehende Kraft der Erde mit der Entfernung sich ändert. Schon 
mehrere Zeitgenossen Newtons hatten aus dem dritten Keplerschen Gesetz 
den Satz abgeleitet, daß die Anziehung, welche die Sonne auf die Planeten 
ausübt, in demselben Maße abnimmt, als das Quadrat der Entfernung 
wächst. Aber sie hatten den Beweis dieses Satzes nur unter der Annahme 
zu gebeu vermocht, daß die Planetenbahnen Kreise waren, in deren Mittel¬ 
punkt die Sonne stände. Die wahre Form der Planetenbahnen weicht 
jedoch, wenn auch nicht sehr erheblich, von der Kreisgestalt ab und ist in 
Wirklichkeit nach Keplers erstem Gesetz elliptisch. Es konnte daher zweifel¬
	        
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