7. Zur Naturkunde.
So im Kleinen ewig wie im Großen
Wirkt Natur, wirkt Menschengeist, und beide
Sind ein flbbilö jenes Urlichts droben,
Vas unsichtbar alle Welt erleuchtet.
Goethe.
53. Über Art und Ziel der naturwissenschaftlichen Arbeit.
Nus Hermann von helmholtz, Vorträge und Neden. Braunschweig 1884, vieweg.
3n der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts haben wir noch einen Alexander
von Humboldt gehabt, der die damaligen naturwissenschaftlichen Kenntnisse
bis in ihre Spezialitäten hinein zu überschauen und in einen großen Zu¬
sammenhang zu bringen vermochte. In der gegenwärtigen Lage möchte
es wohl sehr zweifelhaft erscheinen, ob dieselbe Aufgabe selbst einem Geiste
von so eigentümlich dafür geeigneter Begabung, wie sie Humboldt besaß,
in derselben Weise lösbar sein würde, auch wenn er alle seine Zeit und
seine Rrbeit auf diesen Zweck verwenden wollte.
Wir alle aber, die wir an dem weiteren Rusbau einzelner Zweige
der Wissenschaft arbeiten, können unsere Zeit nur zu einem sehr kleinen
Teile auf das gleichzeitige Studium anderer Teile derselben verwenden.
Wir müssen, sobald wir irgendeine einzelne Untersuchung vornehmen, alle
unsere Kräfte auf ein eng begrenztes Feld konzentrieren. Wir haben nicht
nur, wie der Philologe oder Historiker, Bücher herbeizuschaffen und durch¬
zusehen, Notizen zu sammeln von dem, was andere schon über denselben
Gegenstand gefunden haben- das ist im Gegenteil nur ein untergeordneter
Teil unserer Rrbeit. Wir müssen die Dinge selbst angreifen, und jedes
von ihnen bietet seine neuen und eigentümlichen Schwierigkeiten von ganz
anderer Rrt, als der Büchergelehrte sie kennt. Und was am meisten Zeit
und Rrbeit kostet, sind in der Mehrzahl der Fälle Nebendinge, die nur in
entfernter Verbindung mit dem Ziele der Untersuchung stehen.