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vermessene Stellung gegen die Götter, sondern überhaupt die Gesinnung,
welche sich bei ausnehmendem Glück, Macht oder Reichtum in thörichter
Sicherheit dünkt, welche dabei des gewöhnlichen menschlichen Schicksals¬
wechsels überhoben zu sein wähnt, und endlich in diesem Wahne sich,
wie es so gewöhnlich ist, zu wegwerfender und harter Behandlung der
Nebenmenschen verleiten läßt. Das letzte erklärt Aristoteles also:
Nachdem er gesagt, das Mitleid gegen andere beruhe mit auf der
Furcht, daß uns ähnliches Unglück treffen könne, sagt er ferner: „Die¬
jenigen Menschen, welche sich für außerordentlich glücklich halten, em¬
pfinden kein Mitleid, sondern überheben sich. Wenn sie nämlich
glauben, im Besitz aller Güter zu sein, so glauben sie natürlich auch
an die Unmöglichkeit, etwas Böses erleiden zu können. Denn auch
dieses gehört zu den Gütern."
In Vergleich mit den späteren Zeiten war im Homerischen Zeit¬
alter der äußere Abstand von Mensch gegen Mensch und die daran
sich knüpfende wegwerfende Behandlung bei dem väterlichen Verhältnis
der Könige zu ihren Untergebenen weniger groß oder augenfällig.
Gleichwohl finden wir den eigentlichen Bettler und den £)iUfefucf)enbeu
Fremdling, welche dem am meisten ausgesetzt waren, schon unter den
ausdrücklichen Schutz vertretender Gottheiten gestellt; das Gefühl, das
man ihnen schuldete, war das Gefühl der religiösen Ehrfurcht, der
Liebe, wie es für diejenigen eintrat, hinter denen man gleichsam näher
einen schützenden Gott erblickte, z. B. bei Priestern. Und die große
Heiligkeit des Gastrechts beruht auf dem Gefühl, den Fremdling und
Bedürftigen, selbst wo er ein unangenehmer Gast sein könnte, gegen
vermessene Behandlung zu schützen. Die Stellen in der Odyssee, wo
der als Bettler verkleidete Odysseus von den übermütigen Freiern mit
dem Schemel und mit Knochen geworfen wird, erscheinen schon dort wie
eine große Empörung in der sittlichen Welt, und dieser Frevel, der
kurz vor ihrer Strafe eintritt, ist auch mit großer Geschicklichkeit
dort herbeigeführt, damit ihr Maß gleichsam an der rechten Stelle
voll werde. Je größer aber in späterer Zeit der Reichtum und die
politische Macht einzelner ward, von Königen namentlich und Tyrannen,
desto mehr trat der Abstand der einzelnen Menschen gegen einander
hervor, und damit die Gesinnung der Sicherheit und die Überhebung
über andere. Die tiefe Beleidigung über solche Gesinnung und Hand¬
lung und die sichere Überzeugung, daß sie ihre Demütigung und Strafe
von den Göttern zu erwarten habe, war dem Griechen auf das innigste
eingeprägt. Diese Gesinnung geht als eine vorherrschende durch das
ganze griechische Altertum, und sie ist ganz vorzüglich die immer
wiederkehrende Idee der griechischen Tragödie. Denn — alles, was
der Grieche an Pracht, Herrlichkeit und Herrschaft gesehen hatte, fand
er bei den morgenländischen Königen übertroffen, schon bei Krösus;
gewiß aber ist, daß die äußere Macht und der Reichtum, der sich bei
dem Erscheinen des persischen Großkönigs vor dem griechischen Auge
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