§ 18. Der Große Kurfürst im Kampf um die Landeshoheit in Preußen. 77
gesetzte Heer, das mittlerweile Schleswig und Jütland erobert hatte,
nach der Insel Fünen über. Bald daraus starb Karl Gustav. Obgleich
die Waffen der Verbündeten überall siegreich gewesen waren, erlangte.
Schweden durch die tatkräftige Unterstützung seines alten Bundes¬
genossen Frankreich einen günstigen Frieden, der in dem Zister¬
zienserkloster O liv a bei Danzig abgeschlossen wurde. Hier trug Fried- ^a^und die
rich Wilhelm als Preis seines jahrelangen Ringens und Sorgens die Souveränität
europäische Anerkennung seiner vollen Landeshoheit in Preußen 1660"
(Souveränität) davon. Diese Erhöhuug seiner Stellung hatte
auch für die Stammlande wichtige Folgen.
2. Errichtung eines stehenden Heeres und Herstellung unum¬
schränkter Herrschergewalt. Friedrich Wilhelm, jetzt außerhalb der deut¬
scheu Reichsgrenzen ein selbständiger (souveräner) Fürst, war fest
entschlossen, die vou ihm errungene Machtstellung zu behaupten. Hier¬
zu bedurfte es eines stehenden Heeres, wie es Frankreich bereits mileg^rpetuus
seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts und Bayern seit Herzog
Maximilian besaß. Darum löste er die Regimenter, mit denen er am
Schwedisch-polnischen Kriege teilgenommen hatte, nicht wieder ans und
bemühte ftch, die für deren Unterhalt notwendigen Mittel aufzubringen.
Bei dieser Neueinrichtung des Heereswesens waren der berühmte Reiter¬
führer Georg vonDerfflinger, der, ein protestantischer Oberöfter¬
reicher, erst in schwedischen Diensten gestanden hattex), und der Sieger
von Warschau Otto von Sparr, ein Kenner des Artillerie- und
Festuugswesens, seine vorzüglichsten Helfer.
Zugleich fuchte der Kurfürst sich von dem Einfluß zu befreien, den
die Stände in den einzelnen Landesteilen auf die Regierung erlangt Verwaltung,
hatten, und war aus die Herstellung einer einheitlichen Verwal¬
tung uud eines dem gesamten Staatsgebiete gemeinsamen fürstlichen
Beamtentums bedacht (f. S. 88). In P r e u ß e n allerdings setzte Fried¬
rich Wilhelm seinen Willen nicht ohne Gewalt durch. Ein Teil des
Adels, der der Verfassungsänderung abhold war, schreckte nicht davor
zurück, hochverräterische Pläne zur Wiederherstellung der polnischen
Oberhoheit zu schmieden. Gegen die Häupter der Mißvergnügten wurde
mit äußerster Strenge vorgegangen: der Schöppenmeister (= Vorstand
der Bürgerschaft) Hieronymus Roth in 'Königsberg wurde gefan¬
gen genommen und bis zu feinem Tode in Haft gehalten; der Oberst
von Kalckstein, der nach Warschau geflohen war, um von hier aus
Ränke gegen seinen Landesherrn zn spinnen, wurde, was freilich gegen
das Völkerrecht verstieß, auf dessen Befehl vom dortigen brandenbur-
1) Seine Volkstümlichkeit gab Veranlassung zu sagenhaften Erzählungen, jo zu
der Anekdote, daß er ursprünglich das Schneiderhandwerk ausgeübt habe.