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das Gotteshaus vollendet; auch hatte man unterdessen den Bau des
Kreuzganges begonnen. Jetzt entschloß man sich, die beiden an der
Westseite des Domes stehenden kleineren Türme abzubrechen und einen
Glockenturm zu errichten, der des neu erstandenen Gotteshauses würdig sei.
Km 6. Juni 1415 wurde in Gegenwart des ältesten Schöffen
Gerbrecht von Glauburg und der übrigen Verordneten des Kats und
des Bartholomäusstifts der Grundstein zu diesem Turme gelegt. Kunde
hiervon gab eine im Kreuzgang eingemauerte IKessingtafel, die von den
Franzosen, als sie 1792 diesen Kaum in ein Magazin umgewandelt
hatten, zerstört wurde. Im Jahre 1514 war man der schlechten 3eit-
und Geldverhältnisse wegen gezwungen, die Fertigstellung des Turmes
aufzugeben. Erst im Jahre 1877 wurde er von dem Dombaumeister
Denzinger aus Kegensburg unter treuer Benutzung der noch vor¬
handenen ursprünglichen Pläne vollendet. Der Dombrand am 15. Kugust
1867 hatte ohnehin eine gründliche Ausbesserung sowie einen teilweisen
Neubau des ganzen Gotteshauses notwendig gemacht.
Der Grundriß des neuerstandenen Bauwerks zeigt eine dreischiffige
Halle, an die sich im Osten das im Achteck geschlossene Thor mit Sakristei
und INariaschlafkapelle zur Linken, Kaiserwahl- und Grabkapelle zur
Kechten anschließt. Thor und Nlittelhalle sind durch ein weit nach
Norden und Süden ausgebautes Ouerschiff getrennt. Im Westen des
Baues steht der mächtige, im untern Teile viereckige, im obern acht¬
eckige Turm, der durch eine Kuppel mit schlanker Spitze geschlossen ist-
Mt dem nördlichen Ouerschiff und der Nordwand des linken Seiten¬
schiffes ist er durch einen Kreuzgang verbunden. Der ganze Bau ist in
frühgotischem Stile ausgeführt. Tr zeigt eine gute Gliederung mit
kräftigen Säulen und schönen Kapitälen, welche die Gewölbe tragen.
Die Fenster und Portale sind den Größenverhältnissen der betreffenden
wände angepaßt und mit schönem Maßwerk sowie figürlichem Schmucke
versehen. Besonders eindrucksvoll wirkt der in rotem Sandstein ausge¬
führte Turm mit seinen kräftigen Streben, die in reichgegliederten Zier¬
türmchen enden, und den in verschiedenen höhen um den Turm laufen¬
den Galerien, wer jemals beim Nuf- oder Untergang der Sonne vom
Sachsenhäuser Berg, von der Gbermainbrücke oder dem Taunus aus den
Frankfurter Kaiserdom gesehen hat, der wird dieses wunderbare Bild
so leicht nicht vergessen.
Nach dem Brande im Jahre 1867 wurde der Dombauverein ge¬
gründet. Tr stellte sich die Aufgabe, den Dom, entsprechend seiner Be¬
deutung als Gotteshaus und Krönungskirche der deutschen Kaiser, auch
im Innern künstlerisch auszuschmücken. Die beiden Künstler Tduard