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Nun mußte sich auch der König zum Handeln entschließen; am 22. Januar
verlegte er seine Residenz von Berlin nach Breslau, um in seinen Entschlüssen
unabhängig von den Franzosen zu sein. Es galt nun, die Kraft des gesamten Volkes
zu den Waffen zu rufen. Schon am 3. Februar erschien der Aufruf zur Bildung frei-
willigerJägerkorps;er wandte sich an die Wohlhabenden und bestimmte, daß
kein junger Mann künftig ein Amt oder eine Auszeichnung erhalte, wenn er nicht
ein Jahr im Heere gedient hätte. Der Aufruf verhallte nicht unerhört; aus allen
Gauen Deutschlands strömten die Jünglinge nach Breslau, um als freiwillige
Jäger am Kampfe für die Freiheit teilzunehmen. Das berühmteste unter diesen
Freikorps ist das unter der Führung des Majors von Lütz o w geworden. In ihm
diente auch der junge, edle Dichter Theodor Körner. Er war Sachse von
Geburt und fühlte sich gezwungen, für Deutschlands Freiheit sein Blut zu
opfern. „Meine Brust seufzt nach ihrem Vaterlande," schrieb er seinem Vater.
„Zum Opfertod für die Freiheit und die Ehre seiner Nation ist keiner zn gut. Soll
ich in feiger Begeisterung meinen siegenden Brüdern meinen Jubel nachleiern?"
Am 9. Februar wurde endlich die allgemeine Wehrpflicht für bie Dauer des
Krieges eingeführt; alle Befreiungen vorn Waffendienste wurden damit für
ungültig erklärt.
Aber immer noch wagte der König nicht, alle Brücken abzubrechen; erst am
23. Februar war er entschlossen, sich von Frankreich endgültig zu lösen. Sofort wurden
mit Rußland Unterhandlungen angeknüpft, die zum Bündnisse von Knlifch führten.
Alexander I. versprach, die Waffen nicht eher niederzulegen, als bis Preußen in
seiner Größe vor 1806 wiederhergestellt sei. Nun gab es kein Zurück mehr; auf
dem Wege, den man einmal betreten hatte, mußte vorwärts geschritten werden. Am
10. März, dem Geburtstage der unvergeßlichen Königin Luise, stiftete der König
das E i s e r n e K r e u z, das die Inschrift trug: „Mit Gott für König und Vaterland."
Es sollte nur für „bewiesene Tapferkeit vor dem Feinde" verliehen werden. Am
16. März endlich überreichte der preußische Minister Hardenberg dem französischen
Gesandten ^Kriegserklärung, und am 17. März erschien der Aufruf Friedrich
Wilhelms Iil. „Alt mein Volk." Es heißt darin: „So wenig für mein treues
Volk als für Deutsche bedarf es einer Rechenschaft übe. die Ursachen des Krieges,
welcher jetzt beginnt. Klar liegen sie dem verblendeten Europa vor Augen.
Brandenburger, Preußen, Schlesier, Pommern, Litauer! Ihr wißt, was Ihr
seit sieben Jahren erduldet habt, Ihr wißt, was Euer trauriges Los ist, wenn wir
den beginnenden Kamps nicht ebrenvoll enden. Erinnert Euch an die Vorzeit, an
den Großen Kurfürsten, an Friedrich den Großen! Es ist der letzte, entscheidende
Kampf, den wir bestehen für unsere Existenz, unsere Unabhängigkeit, unsern Wohl¬
stand. Keinen andern Ausweg gibt es, als einen ehrenvollen Frieden oder einen
ruhmvollen Untergang!"
Das waren herrliche Worte, aber noch herrlicher waren die Taten des armen
preußischen Volkes. Jetzt zeigte es sich, daß das Wirken der großen Männer nicht
vergebens gewesen war, denn Tatkrast und OpferwiÜigkeit beseelten alle Stände.
Alles eilte zu den Waffen. Die Universitäten lösten sich auf und die oberen Klassen
der Gymnasien wurden leer; der Handwerker legte sein Handwerkszeug aus der