1. Die Bedeutung der Kolonien für die deuffche Volkswirflchcrff.
Wer in Anbetracht der Schwierigkeiten die Ergebnisse unserer bis-
herigen kolonialwirtschaftlichen Arbeit und danach die Entwicklungsfähigkeit
unserer Kolonien gerecht und zutreffend beurteilen will, der muß sich vor
allem gegenwärtig halten, welche kurze Spanne Zeit uns bisher für die
wirtschaftliche Erschließung unseres Kolonialbesitzes zur Verfügung stand,
und mit wie geringen Mitteln wir bisher gearbeitet haben. Man kann
sagen, daß reichlich das erste Jahrzehnt unserer deutschen Kolonialpolitik der
notdürftigen geographischen Erforschung und politischen Unterwerfung unserer
Kolonien, sowie einigen schüchternen wissenschaftlichen Versuchen gewidmet
war, und daß erst in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre eine plan-
mäßige wirtschaftliche Arbeit auf einer etwas breiteren Grundlage begonnen hat.
Von der aufgewendeten Zeit und den aufgewendeten Mitteln können
wir nicht mehr erwarten als bescheidene Proben der Entwicklungsmöglichkeit
unserer Schutzgebiete. Diese Proben aber zeigen uns, daß unsere Kolonien
von der Natur nicht schlechter bedacht sind, als die Nachbarkolonien fremder
Staaten. So steht unsere Togokolonie in ihren wirtschaftlichen Bedingungen
hinter der englischen Goldküste und Französisch-Dahome nicht zurück; Kamerun
übertrifft in wichtigen Teilen an natürlicher Fruchtbarkeit das benachbarte
englische Nigerien und das französische Kongogebiet. Deutsch-Ostafrika hält
in seiner Ertragsfähigkeit durchaus einen Vergleich mit Britisch-Ostafrika
aus. Selbst das vielgeschmähte Südwestafrika wird von guten Landeskennern
dahin beurteilt, daß sein Boden und seine Witterungsverhältnisse im ganzen
nicht ungünstiger sind, als diejenigen des benachbarten britischen Südafrika.
Nicht anders steht es mit nnsern Südseekolonien.
So geringfügig der Ertrag unserer Schutzgebiete noch ist, so zeigt er
doch, daß hier ein weites Feld für fast alle diejenigen Kulturen ist, welche
wir zur Ergänzung der beschränkten Ertragsfähigkeit des eigenen Vater-
landes brauchen. Die erst seit wenigen Jahren planmäßig betriebenen Ver-
suche mit der Einführung einer sorgsamen Baumwollkultur haben in Togo
und Ostafrika bereits überraschend gute Ergebnisse gehabt; in Ostafrika brachte
die noch ganz neue Kultur der Sisal-Agaven bereits im verflossenen Jahre
einen Ausfuhrwert von nahezu einer Million Mark an Hanf, der auf dem
Weltmarkte ausgezeichnet bewertet wird. Togo und Kamerun verfügen über
reiche Bestände an Olpalmen, Ostafrika und die Südfeekolonien bieten ein
prächtiges Feld für die Gewinnung von Kopra. Die Kantschuk-Ausfuhr aus
Kolonial-Lesevuch. 1