ward gefertigt. Aber auch diese Blätter waren fleißige Arbeiter.
Sie tranken die Luft und das Licht und mischten die Säfte. Aus
den Wurzeln strömte ihnen Nahrung zu, andre Nahrung sandten
sie den Wurzeln wieder zurück.
Und was war das Ende der ganzen Arbeit von Wurzeln und
Blättern? Eine Blütenzweigknospe ward im Schutze der Blätter dicht
am Boden angelegt, von den Blattstielen umhüllt und niemand
bemerklich. Daran sind alle Blüten samt Kelchen und Blütenstielchen
bereits fertig, jedoch nur winzig klein. Die Primel verfährt damit
so heimlich und verborgen wie ein Mensch, der einem andern eine
Überraschung bereiten will. In Wurzeln und Blättern lagern außer¬
dem noch Vorräte von Nahrung. So hat die Primel ihre Jugend¬
zeit gut benutzt, um einen Schatz zu sammeln nach ihrer Art.
Während des Winters schläft sie wie alle ihre Geschwister.
Die alten Primelpflänzchen haben schon Mitte Sommer ihre
Samen gereift, ihre Stengel und Blättchen gehen dann zeitig
schlafen wie Kinder, die etwas Heimliches für der Mutter Geburtstag
bereitet haben und am nächsten Morgen am frühesten aus dem
Bett aufstehen wollen.
Kaum taut nun im nächsten März oder April die warme Früh¬
lingssonne das letzte Schneehäufchen hinweg und erwärmt den kalten
Boden, so ist die Primel auch als kleiner Frühauf schon munter,
erhascht von den rinnenden Tropfen des Aprilregens so viel, wie sie
trinken kann, löst die vorrätigen Nahrungsstoffe auf, führt sie der
Blütenzweigknospe zu und speist sie damit. Diese streckt sich rasch
empor und wird zur lieblichen Blütendolde, die allen Leuten, die zum
Walde kommen, freundlich zum neuen Blumenjahr Glück wünscht.
Soll ich dir nun noch sagen, was ein Kind vom Himmels¬
schlüsselchen lernen kann? Einmal, daß es alles hübsch am Tage
vorher fertig machen und zurecht .legen muß, was es am andern
Morgen braucht — und zum andern, daß es abends zeitig zur Ruhe
gehen muß, wenn es früh das Aufstehen nicht verschlafen, sondern
am ehesten von allen aus dem Bette sein will!
-6* Nut IlOCll CHI Weilchen. Von Eduard Wolf-Harnier.
Haulemann. Was Wald und Flur erzählen. Berlin und Leipzig o. I. S. 6.
Oie Sonne spricht zum Frühlingswind:
„Ich bitte dich, wecke mein herziges Kind,
das liebe, bescheidene Veilchen!"
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