5. Gott, laß dem Heil uns schauen,
Auf nichts Vergänglich's trauen,
Nicht Eitelkeit uns freun!
Latz uns einfältig werden
Und vor dir hier auf Erden
Wie Kinder fromm und fröhlich fein.
6. Wollft endlich sonder Grämen
Aus dieser Welt uns nehmen
Durch einen sanften Tod!
Und wenn du uns genommen,
Latz uns in Himmel kommen,
Du, unser Herr und unser Gott!
7. So legt euch denn, ihr Brüder,
In Gottes Namen nieder;
Kalt ist der Abendhauch.
Verschon' uns, Gott, mit Strafen,
Und latz uns ruhig schlafen
Und unsern kranken Nachbar auch!
63. Das fremde Kind.
Johann Peter Hebel.
Durch den Schnee und durch die Tannen des Schwarzwalds
kommt abends am 5. Dezember 1807 ein achtjähriges Mägdlein, halb
barfuß, halb nackt, vor das Häuslein eines armen Taglöhners im
Gebirge und gesellt sich mir nichts dir nichts zu den Kindern des
armen Mannes, die vor dem Hause waren, und gaukelt mit ihnen,
geht mit ihnen mir nichts dir nichts in die Stube und denkt nimmer
ans Fortgehen. Nicht anders als ein Schäflein, das sich von der
Herde verlaufen hat und in der Wildnis herumirrt; wenn es wieder
zu seinesgleichen kommt, so hat es keinen Kummer mehr. Der
Taglöhner fragt das Kind, wo es herkomme. — „Oben vom Guten¬
berg. “ — „Wie heißt dein Vater?“ — „Ich habe keinen Vater.“ —
„Wie heißt deine Mutter?“ — „Ich habe keine Mutter.“ — „Wem
gehörst du denn sonst an?“ — „Ich gehöre niemand sonst an.“ —
Aus allem, was er fragte, war nur so viel herauszubringen, daß
das Kind von den Bettelleuten sei aufgelesen worden, daß es mehrere