Full text: (Viertes und fünftes Schuljahr) (Teil 2 für Kl. 6 u. 5)

153. Treue Untertanen. 
Rulemann Friedrich Eylert. 
Als die königliche Familie sich in Memel aushielt, zeigte sich im 
ganzen Volke die innigste Teilnahme, und alle bemühten sich, ihre Treue 
und Anhänglichkeit zu beweisen. 
Einst kam ein Bauer namens Abraham Nickel mit seiner Frau 
nach Memel. Er gehörte zu den Mennoniten, denen ihre kirchliche Regel 
vorschreibt, alle Leute mit „du" anzureden. Er brachte ein Geschenk 
von 3000 Goldstücken, seine Frau trug einen Korb mit frischer Butter. 
Der brave Mann sprach zu dem König: „Gnädigster Herr! Deine 
getreuen Untertanen haben mit Schmerz erfahren, wie groß die Not 
ist, die Gott über dich verhängt hat. Das tat uns allen leid, und darum 
sind unsere Gemeinden zusammengetreten und haben gern und willig 
diese Kleinigkeit zusammengebracht. Von ihnen geschickt, komme ich in 
ihrem Namen, unsern lieben König und Herrn zu bitten, die Gabe 
wohlwollend anzunehmen. Wir werden nicht aufhören, für dich zu 
beten." — Nun überreichte die Bäuerin mit freundlichem Angesicht 
den Korb mit Butter der Königin und sprach: „Man hat mir gesagt, 
daß unsere gnädige Frau Königin gute, frische Butter liebt, und daß 
auch die jungen Prinzen und Prinzeßchen gern ein gutes Butterbrot essen. 
Diese Butter hier ist rein und gut, aus meiner eigenen Wirtschaft, 
ich habe gedacht, sie würde wohl angenehm sein. Die gnädige Königin 
wird auch meine Gabe nicht verachten. Du siehst ja so freundlich unb 
gut aus. Wie freue ich mich, dich einmal in der Nähe zu sehen!"' 
Diese Sprache verstand die Königin. Mit Tränen der Rührung 
im Auge drückte sie der Bauersfrau die Hand. Dann nahm sie ihr 
Umschlagetuch ab und hing es der Geberin um mit den Worten: „Zum 
Andenken an diesen Augenblick!" Auch der König nahm die Gabe treuer 
Liebe gern an, daß er sie später reich und königlich vergalt, braucht 
nicht erst versichert zu werden. 
154. Die letzten Tage der Königin Luise. 
Wilhelm Müller. 
Zn einem Briefe an ihren Vater vom Jahre 1810 schildert die 
Königin Luise ihr häusliches Glück und führt ihm in kurzen Charakter¬ 
bildern ihre „ganze Galerie" von Kindern, deren es sieben waren, vor. 
„Unser Sohn Wilhelm," schrieb sie, „wird, wenn mich nicht alles trügt, 
wie sein Vater, einfach, bieder und verständig. Auch in seinem Äußern 
Vreidenstein, Mittelschullesebuch II. Westpreutzen. 14
	        
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