Full text: [Teil 3 = Schulj. 7, 8 u. 9] (Teil 3 = Schulj. 7, 8 u. 9)

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Auf dem Marktplatz der Stadt fesselt uns ein neues Bild. 
Hier ist eben ein Großhändler mit seinem Kaufmannsgut ange¬ 
langt. Dasselbe ist auf große, mit vielen Pferden bespannte 
Frachtwagen geladen und sorglich unter einer Leinwanddecke 
geborgen. An der Spitze des Zuges hält hoch zu Boß der Kauf¬ 
herr selbst, von Kopf bis zu den Füßen in Eisen gehüllt und 
gut bewaffnet. Andre Bewaffnete zu Fuß und zu Boß begleiten 
jeden Wagen. Die Stadt schickte sie als Geleite dem Warenzug 
bis zur Gemarkungsgrenze entgegen, wo sie die vom Landesherrn 
gestellte Schutzmannschaft ablösten. Der Kaufmann zahlt gern 
den nicht unbedeutenden „Geleitschatz", weil er dafür einiger¬ 
maßen gegen die „Bitter vom Stegreif" geschützt ist. Am Wall¬ 
graben hat er den Brücken-, am Tore den Torzoll entrichtet. 
Jetzt muß er sämtliche Warenballen auf der Batswage wiegen 
lassen und dafür die Wagegebühr, meist auch noch ein „Deichsel¬ 
geld zur Wegebesserung" bezahlen. Damit aber ist seine Be¬ 
schwernis in dieser Stadt noch nicht zu Ende. Dieselbe ist im 
Besitze des Stapelrechts; deshalb liegt ihm die Pflicht ob, sein 
mit vieler Mühe hergeführtes Handelsgut den Bürgern eine be¬ 
stimmte Zeitlang feilzubieten. 
Da der Großhändler auf diese Weise längere Zeit am Orte 
festgehalten wird, so sucht er, sobald seine Waren sicher im 
Kaufmannshaus untergebracht sind, eine Herberge auf. Schon 
auf der andern Seite des Marktplatzes, dessen Mitte seit kurzem 
ein schöner Brunnen ziert, ist das Gasthaus. Ein eisernes Aus¬ 
hängeschild, das Werk eines kunstfertigen Schmiedes, ladet zur 
Einkehr ein. Der diensteifrige Wirt steht schon vor der Tür, 
um dem neuen Gaste in einem Becher Wein den „.Willkomm" 
zu bieten. Zechende Gesellen sitzen vor dem Hause, und auch 
die niedrige Wirtsstube ist mit allerlei Volk gefüllt: ehrsame 
Handwerksmeister plaudern von den Stadtneuigkeiten, Fuhrleute 
berichten über den Strauß, den sie jüngst mit den Baubrittern 
gehabt, Händler erzählen wundersame Geschichten aus dem 
fernen Welschland, fahrende Studenten, die in der Lateinschule 
der Stadt noch studieren wollen, singen lustige Lieder. 
Unterdessen dauert das Treiben und Handeln der Menschen 
fort, bis die Fahne vom Bathaus abgenommen wird oder ein 
Glöcklein den Markt ausläutet. Auf allen Straßen gehFs wieder
	        
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