in der Ferne auf der Wasserfläche ruhen sieht, als befände man
sich auf offenem Meere. Er nimmt zu Dutzenden Flüsse auf, die
in Europa kaum ihresgleichen haben, und von denen viele noch
unerforscht und vom Dunkel der Sage umschwebt sind. Viele Arten
von Vögeln wagen nicht, seine ungeheure Wasserfläche zu über¬
fliegen. Wie das Meer ist er von Delphinen bewohnt, und wie das
Meer hat er seine Stürme, und bei diesen Stürmen erheben sich
seine Wellen zur Höhe mehrerer Meter. Wenn man in seiner weiten,
einem Meerbusen gleichen Mündung über die grauen, reißend schnell
zum Atlantischen Ozean hinabströmenden Fluten hinsegelt, fragt
man sich staunend, ob nicht wohl gar das Meer selbst sein Dasein
diesem Strome verdanke, der unablässig so unermeßliche Fluten
daherwälzt. Das eigentümliche Schwanken des Schiffes allein läßt
erkennen, ob man sich auf der Süßwasser- oder Salzflut befindet.
Noch in neuerer Zeit trugen sich seine Uferbewohner, weiße so
gut wie schwarze und rote, mit dem Glauben, der große Strom
umfließe die ganze Welt und vereinige alle Völker der Erde an
seinen Gewässern.
138. Baumwollernte in den Bereinigten Staaten
Nordamerikas.
F. E. Osthaus.
Schon Jahrtausende vor Christus wurden in Ägypten Baumwoll-
gewebe hergestellt, wie die Binden der Mumien beweisen. Die Chinesen
holten sich dreitausend Jahre vor Christus das Rohmaterial zu ihren
Baumwollgeweben aus Indien und die Griechen ihre feinsten Musseline
vom Ganges. Die Karthager errichteten große Vaumwollmanufakturen
auf Malta, und die Gewebe der Insel Kos waren im Altertum hoch¬
berühmt. Die Mauren brachten Baumwolle nach Spanien, und die
Venezianer führten im vierzehnten Jahrhundert die Baumwollweberei
ein. Im Mittelalter waren Augsburg, Gent und Brügge die Haupt-
stapelplätze für Baumwolle und ihre Verarbeitung. Die Baumwoll-
weberei blieb aber stets gegen die Woll- und Leineweberei zurück, bis
gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts die Vereinigten Staaten
von Nordamerika in die Reihe der Produzenten eintraten und ein halbes
Jahrhundert später schon den Ruf in die Welt hinausschmetterten:
„Baumwolle ist König!"