Full text: Preußischer Kinderfreund

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und die, welche sich von ihren gelegten Eiern entfernen, wie z. B. bie Fischt 
und Amphibien. Diese lehrt ein bewunderungswürdiger Naturtrieb, ihre 
Eier an Orte einzulegen, wo ihre Jungen am sichersten find und ihre Nahrung 
sogleich in der Nähe finden. 
Sehr groß ist die Liebe und Sorgfalt, mit welcher namentlich die vierfüßi- 
gen Thiere und Vögel ihre Jungen Pflegen und schützen. Selbst an den Thieren, 
welche sonst keiner zarten Empfindung fähig zu sein scheinen, zeigt sich, während 
sie Junge haben, eine lebhafte Zärtlichkeit. Mit blinder Wuth sucht die Löwin 
die Räuber ihrer Jungen auf, und verräth durch das wildeste Brüllm ihren 
Schmerz und ihre Sehnsucht nach dem Geraubten. — Selbst den zaghaftesten 
Thieren gibt die Mutterliebe Heldenmuth. So ist die von Natur so furchtsame 
Henne voll Kühnheit und Muth, sobald sie die Jungen zu vertheidigen hat. 
Sie geht dem sonst gefürchteten Hunde entgegen, greift ihn an und nöthigt 
rhn nicht selten, sich zu entfernen. Und mit welcher Sorgfalt nimmt sie sich ihrer 
Küchlein überall an, wie führt sie sie dahin, wo sie Etwas zu finden meint, 
und lockt sie zusammen, sobald sie ein Körnlein aus der Erde scharrt; wie warnt 
sie sie durch ganz eigene Töne, wenn sich ein Habicht oder ein anderer Feind zeigt, 
damit sich die Jungen verbergen; und wie ruft sie sie wieder mit anderm Tone 
aus ihren Schlupfwinkeln hervor, sobald die Gefahr vorüber ist. — Die Affen 
nehmen, wie die Menschen, ihr Junges in die Arme, legen es an die Brust, um 
es zu säugen, und tragen es überall hin mit sich auf dem Rücken umher. — Mit 
welcher Sorgfalt verbergen die Ameisen ihre Eier, um sie gegen den Winter- 
frost zu schützen, tiefer in die Erde, und füttern im Frühlinge die ausgekommenen 
Würmlein; und wie regelmäßig tragen sie die verpuppten Würmer (gemeinhin 
Ameiseneier genannt) täglich in die Mittagssonne hinaus, und des Abends, oder 
wenn Regen droht, wieder in's Nest zurück. 
Sogar eine Art von Erziehung und Unterricht findet unter den Thieren 
statt. Die Katze unterrichtet ihre Jungen im Fangen, indem sie ihnen noch 
lebendige Mäuse zum Spiele und zur Uebung zuträgt, dabei aber selbst genau 
aufmerkt, dass keine entwische. Der Vogel führt seine Jungen zum Fliegen, 
oder zum Sckwimmen, oder zur Aufsuchung des Futters an. Wenn 
z. B. die jungen Störche anfangen ihre Flügel zu gebrauchen, so gibt die Mutter 
genau auf sie Acht und begleitet sie. Allmählig übt sie sie durch kleine Flüge 
um das Nest herum, und steht ihnen so lange bei, bis sie völlig erzogen sind. — 
Der Bär unterrichtet seine Jungen im Klettern und Kämpfen, der Hirsch 
in der nöthigen Vorsicht gegen Nachstellungen. 
Eben so bewundernswerth erscheint der Naturtrieb der Thiere, wenn man sie 
beim Bauen ihrer Nester und Wohnungen beobachtet. Wer sollte es glau¬ 
ben, wenn er es nicht selbst mit ansehen könnte, dass ein so kleines und unan¬ 
sehnliches Thier, wie die Biene, mit so wenigen natürlichen Werkzeugen, blos 
mit Hülfe des Rüssels, der Zähne und Füße sich Wohnungen verfertigen könnte, 
worin Alles so genau auf einander passt, als wäre es mit dem Zirkel und andern 
künstlichen Werkzeugen ausgemessen? — Von nicht geringerer Kunst zeugt da» 
Wespennest, sowie die Wohnung der Ameisen mit ihren verschiedenen Gän¬ 
gen und Vorrathskammern. — Wie künstlich ist nicht ein L>ch w alb ennest 
gebaut, besonders das der Hausschwalben. Sie tragen Lehm, Erde und 
Stroh herbei, fangen Wasser, wo sie es finden, mit ihren Flügeln aus, um ihre 
Baumaterialien damit anzufeuchten und zusammen zu kneten, kleben diese dann 
zu Wänden zusammen und füttern das Innere weich aus. Dabei ist Alles so 
fest gebaut, dass man einige Kraft anwenden muss, ihr Werk zu zerstören; und 
doch haben sie keine andern Werkzeuge dazu, als den Schnabel und die Füße. — 
Manche Vogelarten, z. B. die Eidervögel, rupfen sich ihre eignen, bekanntlich 
sehr weichen Federn aus, andere suchen Wolle, Thierhaare, Federn, Moos, Heu 
u. s. w., um ihren Eiern und Jungen eine sehr weiche Unterlage zu bereiten. — 
Jede Vogelart baut und schmückt ihr Nest auf eine ihr eigenthümliche Wesse.
	        
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