Full text: Lebensvoller Unterricht auf der Unterstufe unserer deutschen Lern- und Arbeitsschule

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Gehen wir noch einmal an den Sandkasten drunten im Schulhof! Die 
Kinder stehen um ihn herum. Der Lehrer hat einen Platz eingenommen, daß 
er seine ganze Kinderschar und den Sandkasten gut überblicken kann. Wir 
nehmen an, ein Ortsteil wäre darzustellen. Es ist noch nichts da als die 
ebene Sandfläche. Ich stelle die Aufgabe, meinetwegen so: Kinder, wir sollen 
das Stück von unserem Orte, das wir neulich kreuz und quer durchwandert 
(durchstöbert, ausgemessen, angeschaut) haben, jetzt in dem Sandkasten dar¬ 
stellen. Nun redet! — Und dann wird's losgehen. Vielleicht nicht gleich die 
ersten 10 Sekunden nach meiner Zielstellung. Aber bald kommen einer, zwei, 
drei, und das genügt mir. Das sind am Ende nicht einmal die Ersten, die 
droben am besten lesen, schreiben, rechnen können, die droben ihr Sprüche! am 
besten aussagen; das sind vielleicht ein paar Kinder, von denen du das gar 
nicht gedacht hättest. Wie die jetzt auf einmal lebendig werden! Wie die 
jetzt auf einmal in ihrem Elemente sind! Das sind vielleicht solche, die du 
als vorschulpflichtige, ja noch als Schulkinder am öftesten „im Dreck metschen" 
siehst; denen ein Stück Holz ein Haus, ein Schiff, eine Dreckpfütze ein Teich, 
ein Hafen, ein Sandhaufen ein Gebirge, das alles zusammen aber der Gegen¬ 
stand höchsten Ergötzens ist. Dort hat das Kind seinem Selbsttätigkeitstrieb 
in schönster Weise „frönen" können, jetzt kommt ihm die Schule entgegen — 
Lehrer, freue dich doch, daß du ein Mittel mehr gefunden hast, die Kinder 
an dich heranzuziehen! Und wo das Interesse, da kommt auch die Rede! — 
Es werden auch die anderen Kinder kommen, sie kommen alle. Und ich 
spreche aus Erfahrung heraus — tote ich überhaupt alle meine 
Ausführungen in diesem Buche fast nur aus meiner Praxis 
heraus geboren werden lasse — wenn ich behaupte, daß nicht eiq. 
Kind unbeteiligt ist, wenn sich's um solche Arbeit handelt, wie sie hier in Rede 
steht. Natürlich mutz ich nur dafür sorgen, datz ich auch jedes Kind einmal 
am Sandkasten arbeiten lasse — gleich wächst sein Interesse, seine Liebe zu der 
Sache; denn — es hat ja selber mit an ihr gebaut: Dort den Kilometerstein 
hab ich gesetzt; dort die Brücke hab ich gebaut; dort den Wald hab ich 
aufgestellt usw. — 
So entstehen zunächst mündliche Sätzchen-Zusammenstellungen. Hier möge 
eine folgen: „Wir haben heute am Sandkasten gestanden. Die großen Knaben 
hatten den Sand schön eben gemacht. Nun sollten wir das obere Dorf auf¬ 
bauen. Da wurde zuerst die Hauptstraße gezogen. Dann kamen die Seitenwege. 
Jetzt wurden die Häuser aufgestellt. Dann legten wir den Bach hinter die 
Häuser oder vor die Häuser, wie er eben läuft. Über den Bach kommen die 
Brücken. An die Straße sehen wir Bäumchen. Und zuletzt wurden die Gärten 
und die Wiesen grün bestreut und die Felder braun. Da war das Oberdorf 
fertig. Und das hat uns allen sehr gefallen." — 
Selbstverständlich wird droben in der Schulstube dieses mündlich ge¬ 
wonnene Aufsätzchen wiederholt. Dann wandert es in die De u t s ch st u n d e. 
Es wird zum schriftlichen. Naturgemäß sind schwierigere Wörter — der Lehrer 
muß den Grad der Leistungsfähigkeit seiner Klasse kennen — zu üben. Ich
	        
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